Eine unnütze Anklag / wird durch vernünfftige Verantwortung abgelaihnet.

[116] Henricus dieses Nahmens der Zweyte Hertzog in Braband / hat seiner Tochter Margaritä das Closter Hertzogs-Thal gestifftet / worinn Aleydis eine kluge und Gottesförchtige Frau / die erste Aebbtissin war. Als Guilielmus Villariensischer Abbt / einstens zur Visitation besagten Closters angekommen / muste er von denen Nonnen folgende unnütze Klag über die Aebbtissin vernehmen. Sie / sprachen sie / die Aebbtissin /setzet denen Dominicanern und Franciscanern Wein und Fisch vor / wann sie kommen / ehe sie wollen Schlaffen gehen / lasset sie ihnen sauberes Gewand und Leinwath reichen / und ihnen noch darzu mit warmen Wasser die Füß wäschen / welches sie doch ihres Ordens-Mönchen wann sie kommen thäten / nicht thun würde / so doch diesen ehender als jenen angewendet werden sollte. Die kluge Aebbtissin hörte diese Anklag an /[116] und begehrte lächlend Erlaubnuß zu reden / als sie solche vom Abbt Guilielmo erlangt /sprach sie: Es ist alles wahr / worüber ich angeklagt werde / ich kan es nicht laugnen / doch wohl entschuldigen: denen Dominicanern und Franciscanern setze ich / wann ichs hab / Wein und Fisch vor / dann sie haben kein Geld / daß sie solches ihnen schaffen könnten: euren Mönchen aber thue ich dergleichen nicht / weiln mir bekannt / daß wann sie reisen / ihnen Geld mit auf die Reise gegeben werde; darum können sie ihnen kauffen was sie wollen. Denen Brüdern /welche zu Fuß wandern und bey mir einkehren / weiln sie müd und matt / gebe ich Röcke und Leinwath /damit sie bey der Nacht desto behäglicher ruhen; euren Mönchen aber thue ich dergleichen nicht / weiln sie ihre Röck und Kleider mit ihnen bringen / deswegen sie / wann sie wollen / solche umwechslen können. Jenen Brüdern lasse ich ihre Füß mit warmen Wasser erquicken / weiln solche mit Koth und Schweiß besudlet sind: euren Mönchen thue ich dergleichen auch nicht / weiln sie auf hohen Pferden sitzen / und sich wohl von solcher Unsauberkeit hüten können: als der Abbt / Mönche und Nonnen solche Verantwortung angehöret / haben sie der Aebbtissin artige Redens-Manier mit Lachen / mit Verwunderung[117] und Stillschweigen aber ihre Klugheit gut geheissen Thom. Cantiprat. lib. 2. Apum cap. 10. §. 8.

Quelle:
Hilarius Salustius, / MELANCHOLINI / wohl-aufgeraumter / Weeg-Gefärth, / Vorbringend / Lächerliche, anbey kluge Fabeln, [...]. Gedruckt im Jahr 1717, S. 116-118.
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