Men. an Tr.

[187] Spricht von der Tugend mehr/als alle Weisen sprechen

Und lebe mit der Welt/so ist es ein Verbrechen.

Der wahren Tugend steht das Hoff-Recht übel an/

Die That/kein Compliment, ist was sie letzen kan.

Im Munde wohnt sie nicht; da sie vom Himmel kommen/

Hat sie den rechten Sitz in unsrer Brust genommen.

Aus dieser gehet sie durch der Gedancken Reich/

Beherrscht die Sinnen Lust/macht uns den Engeln gleich/

Thut/was der Himmel will/wird wenig von sich schreiben/

Und ihrer besten That die Ehre schuldig bleiben.

Schließt deine Liebe nun ein reines Hertz in sich/

Es liebe/denn es liebt dadurch die Tugend dich.

Du kanst dabey ein Lied von edler Freundschafft setzen:

Der Menschen Liebe bleibt des Himmels seyn Ergetzen.

Auch liebe das Geschlecht/bey dem die Schönheit steht/

Nur lieb es/wie dich liebt/der heunte zu dir geht.

Quelle:
Christian Friedrich Hunold: Menantes Academische Nebenstunden allerhand neuer Gedichte, Halle/ Leipzig 1713, S. 187.
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