Siebenter Auftritt.

[26] Vorige. Graf und Gräfin Warbing.

Wechselseitige Empfangskomplimente.


DOMINIQUE. Herr Graf!

GRAF. Der Ihrige, lieber Baron!

GRÄFIN küßt Madam Dominique. Guten Morgen! Da tragen Sie ja ein Paar allerliebste Ohrgehänge –

MADAM DOMINIQUE. Ein Geschenk meines Vaters.

GRÄFIN. Sehr schön! Recht viel Geschmack! Der Herr Vater verstehen sich wohl aus den Artikel?

GRAF. Sehen Sie, liebe Comtesse, da ist das glückliche Paar allein beysammen. So findet man sie doch stets bey einander.

GRÄFIN. Ja, recht unzertrennlich.

GRAF. Ich estimire beiderseits recht glücklich, daß sie sich so in einander zu schicken wissen.

DOMINIQUE. Es ist wohl etwas mehr, als das bloße Ineinanderschicken.

GRÄFIN. Ja! Ein rechtes Hirtenleben.

GRAF. So arkadisch! Oui![27]

GRÄFIN. Um so verdienstlicher ist diese exemplarische Ehe, da dergleichen sonst in ihrem Vaterlande nicht sehr zu Hause zu seyn pflegte –

GRAF. Ey – so hie und da auch wohl.

GRÄFIN. Wenigstens nicht in den ersten Häusern, da war man anders routinirt.

DOMINIQUE. Haben die Frau Gräfin wohl darüber nachgedacht, wie sehr die schlechten Ehen der ersten Häuser das Ganze deroutinirt haben?

GRÄFIN. Hm! Das ist eine Reflexion, die ganz der Feyerlichkeit eines Geburtstages angemessen ist.

GRAF. Mais, il n'a pas tort.

GRÄFIN. Ich statte meine Gratulation ab, Herr Baron!

DOMINIQUE verneigt sich.

GRÄFIN. Wenigstens haben wir der moralischen Deroute Ihres Vaterlandes die Ehre zu danken, daß Sie Ihr Stammschloß verlassen, und den deutschen Boden besucht haben.

DOMINIQUE. Ach!

GRÄFIN. Nicht wahr? Aus Bretagne stammen die Herrn Barone von Dominique?

MADAM DOMINIQUE. Wir sind hier so gut aufgenommen, daß wir es für billig halten, aus Dankbarkeit unsers Vaterlandes selten zu erwähnen.[28]

GRÄFIN. Mögen Sie hier alle Verluste verschmerzen, die Sie erlitten haben! Wahrlich, wenn ich mir das lebendig denke, – was Sie zurück gelassen haben – das Stammhaus – die Unterthanen!

DOMINIQUE. Wenigstens darf ich verbürgen – Er hält inne.

GRÄFIN. Was, Herr Baron?

DOMINIQUE. Daß ich niemals Unterthanen verkauft haben würde.

GRÄFIN. Schön! Auch traue ich Ihnen jeden andern Handel eher zu. Seufzt. Wer aber Unterthanen aus der Hand geben muß, dein rathe ich, sie an ebenbürtige Familien zu überlassen. Denn wer so ein Stammhaus an – ich will sagen – Kaufleute abgiebt, der riskirt, eine Residenz in eine Puderfabrik noch bey seinem Leben verwandelt zu sehen. Pause. Was meinen Sie dazu?

DOMINIQUE. Ein Schloß verzehrt, eine Fabrike ernährt.

GRÄFIN. So? Hm! Sind der Herr Delomer – ach! – Sie entschuldigen – der Herr von Delomer auch der Meinung?

GRAF. Der Herr Baron von Delomer haben ein nobles Gemüth unter andern –

GRÄFIN. Und er hat, Gottlob! viel Geld sauvirt. Wie ist ihm das gelungen? Aha, vermuthlich in Wechseln. Ja, ja! Er ist ein vorsichtiger[29] Mann, der wohl mit soliden Häusern liirt war. Ha ha ha! Sie setzt sich. Werden der Herr Graf ewig da stehen bleiben? Setzen wir uns!

MADAM DOMINIQUE. Wir erwarteten Ihre Anordnung, Frau Gräfin! –

GRÄFIN. Ja, von Anordnungen – setzen Sie sich doch zu mir, Frau von Dominique! – Sie entschuldigen, daß wir so früh lästig fallen! Aber der Herr Vater haben es angeordnet, daß mein Gemahl und ich bey einem Bouquet gegenwärtig seyn sollen, was er dem Herrn Baron da zu machen denkt.

GRAF. Ja, es ist eine freundschaftliche Bedingung von seiner Seite.

GRÄFIN. Gar sehr freundschaftlich. Es ist überhaupt ein sehr freundschaftlicher Mann.

DOMINIQUE. Die Frau Gräfin werden begreifen, daß ich von seinem Geschenk nicht unterrichtet bin.

GRAF. Natürlich.

GRÄFIN. Freylich – die Surprise bey einem Cadeau ist die Hauptsache! O das ist so recht häuslich. So recht – bürgerlich gut gedacht.

MADAM DOMINIQUE. Du hast noch manches Geschäft zum Empfang unsrer Gäste – dir Frau Gräfin werden mir die Unterhaltung erlauben.

GRÄFIN. Sehr gern. Sie sind noch nicht ganz arrangirt. Sie sind noch im Schlosse nicht[30] so recht gewohnt – so – eingewohnt, will ich sagen, geniren Sie sich nicht.

DOMINIQUE heftig. Madam –

GRÄFIN. Was beliebt? –

MAD. DOMINIQUE. Nun, lieber Dominique!

DOMINIQUE. Frau Gräfin! – Ich bin in meinem Hause sehr eingewohnt – wenn mich etwas verlegen machen kann über die Art, wie ich mich darin zu nehmen habe, – so ist es der sanfte Ton, den dieß liebe Auge da zu meinem Herzen geleitet. Geht.

GRÄFIN. Es ist zum Bewundern, wie der Mann den Ton der großen Welt inne hat.

GRAF. Recht – recht galant, en verité.


Quelle:
August Wilhelm Iffland: Das Erbtheil des Vaters. Leipzig 1802, S. 26-31.
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Revolutionsdramen: Figaro in Deutschland. Die Kokarden. Das Erbtheil des Vaters.

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