Vierter Auftritt.

[138] Frau von Wallenfeld. Sekretär.


SEKRETÄR. Seine Excellenz, mein gnädiger Herr, der Herr Geheimerath Baron von Wallenfeld, schicken mich her zu der Mamsell Stern –[138]

FRAU VON WALLENFELD. So war mein Name vor der Heirath mit Wallenfeld.

SEKRETÄR. Von der Heirath nehmen Se. Excellenz ein für allemal keine Notiz.

FRAU VON WALLENFELD. Nicht? Das ist hart. Mein Herr, Sie sind in Jahren, sind, höre ich, Vater.

SEKRETÄR. Von vier lebendigen Kindern; der älteste war Lieutenant, und wird jetzt Hauptmann unter dem Regimente des –

FRAU VON WALLENFELD. Wenn Sie väterliche Gefühle haben, so frage ich Sie –

SEKRETÄR. O ja. Wer hat die nicht?

FRAU VON WALLENFELD. Ich frage Sie, ob Sie das Benehmen Sr. Excellenz gegen meinen armen Mann billig finden?

SEKRETÄR. Ich diene Hochdenenselben in die achtunddreißig Jahre, habe meinen Sold quartaliter richtig empfangen, thue, was Se. Excellenz mir befehlen, und gebe mich mit Meinungen über Hochdero Billigkeit nicht ab.

FRAU VON WALLENFELD. Nicht? Nun – so – erwarte ich ohne weiters Ihren Auftrag an mich.

SEKRETÄR. Hier ist er. Gibt ihr Briefe.

FRAU VON WALLENFELD übersieht sie. Das sind Schuldforderungen an meinen Mann.

SEKRETÄR. An Herrn Baron Friedrich von Wallenfeld, Ihren angeblichen Ehegemahl.

FRAU VON WALLENFELD. Und was soll ich damit?

SEKRETÄR. Was Sie irgend für gut finden. Jene, die Kreditores, sind theils mit Lamentationen, theils mit Pochen und Drohen von Inkarceration, oder sonst beliebigen Prostitutionen des Herrn Baron Friedrich, damit zu Sr. Excellenz[139] gelaufen, welche aber davon nichts wissen, sondern solche zur Zahlung vom etwanigen Eingebrachten, an Sie, die Mamsell Stern, gewiesen haben wollen.

FRAU VON WALLENFELD. An mich?

SEKRETÄR. Was repliciren Mademoiselle darauf?

FRAU VON WALLENFELD. Daß meines Mannes Unglück, und auch – sagen Sie das Ihrem Herrn – und auch sein Unrecht gegen mich, mich nicht bereuen ließen, daß ich seine Frau bin. Ich bin arm, und habe meinem Manne nichts eingebracht, als ein Herz, das ihn liebt, und arbeitsame Hände. Hätte ich ihm Vermögen zugebracht, so würde ich jetzt damit den Namen von Wallenfeld auslösen; so wie ich mich freue, meinen Mann als ein redliches Weib durch meiner Hände Arbeit zu erhalten, da Seine Excellenz ihn verlassen. Mein Herr Sekretär – Sie verbeugt sich.

SEKRETÄR steht noch da. Ich kann Ihre Antwort so nicht referiren: erstens ist sie etwas lang, zweitens nicht in currentem Deutsch gegeben. Was haben Sie breviter sagen wollen?

FRAU VON WALLENFELD. Daß ich arm bin, aber nicht verzweifle.

SEKRETÄR. Se. Excellenz fragen nicht nach der Verzweiflung, sondern nach der Zahlung.

FRAU VON WALLENFELD. Ich kann sie nicht leisten.

SEKRETÄR. Er will sie nicht leisten. So folgt denn die Verhaftnehmung mit angehängter Schmach. Wenn ich dem Herrn Baron zu rathen hätte – so sollte er morgen früh – aber verrathen Sie mich nicht – mit Thores-Aufgang – hm! hm! die Morgen sind jetzt noch lange dunkel –

FRAU VON WALLENFELD. Sagen Sie Ihrem Herrn, es wäre heut meines Mannes Geburtstag.

SEKRETÄR. Wird, laut gnädigsten Befehls, seit der Mißheirath[140] ignorirt. Herkömmlich habe ich die Ehre, mich zu nennen des dastehenden Frauenzimmers Diener, qua Frauenzimmer – indem ich gegen alle sonstige etwan gemacht werden wollende Familienbeziehung mich protestando verwahrt haben will. Geht ab.

FRAU VON WALLENFELD sieht in die Papiere. Auch das ist viel Unheil! Es geht indeß zu Ende.


Quelle:
August Wilhelm Iffland: Theater. Band 3, Wien 1843, S. 138-141.
Lizenz:
Kategorien: