Zehnter Auftritt

[52] Oberförster. Vorige.


OBERFÖRSTER gutmütig. Ist sie zur Vernunft gekommen?

PASTOR. Sie wird sich besinnen – ich hoffe es.

OBERFÖRSTERIN. Ich will keine Friedensstörerin sein –[52] in Gottes Namen – tue, was du willst; aber laß mich bei meiner Meinung.

OBERFÖRSTER. Nein. Du sollst was Bessers meinen. Das ist unchristlich, gottlos – heidnisch!

PASTOR. Gelassen, lieber Mann, gelassen!

OBERFÖRSTER. Nein – dabei bin ich nicht gelassen. Wäre ich es, so sollten Sie keinen Schuß Pulver auf mich geben!

PASTOR. Ihr weiches Herz wird die Oberhand behalten.

OBERFÖRSTER. Ihre gesunde Vernunft soll die Oberhand behalten. Duldung ist Religion; die bitte ich nicht von ihr, die fordre ich. Die mehrsten Weiber, die in den Kirchen viel heulen, sind boshaft außer der Kirche. Treibst du mich so weit, daß ich dich dafür halte: sieh – solange wir auch zusammen gelebt haben – ich – – – scheiden laß ich mich! Jetzt geh hinaus und besinne dich eines Besseren!

OBERFÖRSTERIN. Gott weiß – ich bin nicht boshaft! Ich wünsche aller Welt Gutes; aber ich kann mich nicht überzeugen, daß das sein darf. Warum werde ich nun darüber so gequält? Ach, wer mir das vor einer Stunde gesagt hätte –

OBERFÖRSTER. Jetzt geh – länger taugen wir nichts zusammen. Geh fort!

OBERFÖRSTERIN. Ach ich unglückliches Weib! Ab.


Quelle:
August Wilhelm Iffland: Die Jäger. Stuttgart 1976, S. 52-53.
Lizenz:
Kategorien:
Ausgewählte Ausgaben von
Die Jäger
Die Jäger. Ein ländliches Sittengemälde in fünf Aufzügen