Vierter Auftritt

[61] Vorige. Matthes in der Amtslivree.


MATTHES. Sein Diener, Herr Gerichtsschreiber.

GERICHTSSCHREIBER. Ei – Sein Diener. Nun – auch bei dem hochlöblichen Amt in Diensten? Nun – gute Freundschaft!

MATTHES. Topp – gute Freundschaft! Ein Gläschen darauf?

GERICHTSSCHREIBER. Je nun – Ihm zuliebe. Geht in Gottes Namen nach Hause, ihr Leute.

KAPPE. Aber mein Prozeß?

GERICHTSSCHREIBER. Vergleicht euch.

ROMANN. Wir können uns nicht vergleichen, darum klagen wir ja.

GERICHTSSCHREIBER. Ihr sollt euch vergleichen.

KAPPE. Ich habe in vier Verhören für einen Taler Wein getrunken.

GERICHTSSCHREIBER. Trinkt sonntags keinen.

ROMANN. In dem letzten Verhör hat Er allein für einen halben Taler auf meine Rechnung gesoffen.

GERICHTSSCHREIBER. Da ist der Bescheid.

KAPPE. Ich will keinen.

ROMANN. Wenn wir uns vergleichen wollen, so tun wir's ohne Seinen Bescheid, damit kriegt Er keinen Heller.

GERICHTSSCHREIBER. Vergleicht euch, oder laßt es bleiben – nehmt den Bescheid, oder laßt ihn liegen; nur zahlt die Unkosten – vier Reichstaler.

KAPPE. Ei Gott!

ROMANN. Das ist zu toll.

DER ALTE BAUER. Darnach werden wir uns weiter umsehen.

GERICHTSSCHREIBER. Das hochlöbliche Amt hat es befohlen. Wer nun noch ein Wort sagt, kömmt in den Turm!


Die Bauern gehen unter bedrohenden Pantomimen in den Hintergrund und setzen dort leise ihr Gespräch fort.


DER ALTE BAUER er faßt den Gerichtsschreiber bei der Brust. Spitzbube, du machst unser Dorf unglücklich!

GERICHTSSCHREIBER. Nun, nun – Herr – –[62]

DER ALTE BAUER. Spitzbube noch einmal! Wenn du was dagegen hast – ich bin auch Soldat gewesen, und so alt ich bin, so –

GERICHTSSCHREIBER bietet die Hand. Ei, lieber Herr Reinhard.

DER ALTE BAUER schlägt sie weg. Das nehme ich nur von einem ehrlichen Kerl an. Geht zu den übrigen.

MATTHES. Leidet Er das?

GERICHTSSCHREIBER. Und wohl noch mehr. Denn ich muß ein Beispiel geben. Hintennach weiß ich sie doch schon wieder zu – –

MATTHES. Nun, so laß ich's gelten.

GERICHTSSCHREIBER. An allem dem Unheil ist der Herr Pfarrer aus Eurem Ort schuld. Der macht die Leute so überverständig. Der Herr Oberförster macht es denn auch nicht besser –

MATTHES. Nun, mit dem kann es sich legen. Wenn der junge Förster Mamsell Kordel nicht nimmt, so kann es ihm noch wunderlich gehen. Der Amtmann hat einen langen Arm in der Stadt, und der hat's ihm geschworen. Bricht's da – so hat Er auch einen freien Rücken.

GERICHTSSCHREIBER. Der Herr Amtmann – – die Kerls hören uns doch nicht –

MATTHES. Bewahre, die sind in ihrem Prozeß – –

GERICHTSSCHREIBER. Der Herr Amtmann lassen mich nicht im Stich, da hat's gute Wege! Nun – Sie wissen auch schon, warum. – Jetzt bin ich ihm darin sehr nötig.

MATTHES. Warum?

GERICHTSSCHREIBER. O jetzt blühet mein Weizen. Der Herr Amtmann verhängt denn so ein Schuldwesen nach dem andern – Versteht Er? So was wird gar klug gemacht. Das Eselsvolk zieht in die Neue Welt, und – – Er versteht schon –?

MATTHES. Nun – es leben die Landdienste!

GERICHTSSCHREIBER. Wo geht's denn mit Ihm hin?

MATTHES. Meine erste Arbeit. Geld in die Stadt bringen.


Quelle:
August Wilhelm Iffland: Die Jäger. Stuttgart 1976, S. 61-63.
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