Erster Auftritt.

[131] Friedrich. Ludwig.


FRIEDRICH schläft in einem Lehnstuhl.


Auf einem Gueridon brennt ein Nachtlicht.


LUDWIG kommt herein, rnit Verwunderung. Schöne Wirthschaft! – schläft am hellen Tage! Er tritt hinter den Sessel und schüttelt ihn. Du! He!

FRIEDRICH im Schlafe. Hochgräfliche Gnaden! – Excellenz –

LUDWIG halb singend. Ihr Kinder steht auf, und ziehet euch an –

FRIEDRICH grämlich. Ach so! – Gähnt. Bist du es! O –

LUDWIG. Die Glocke schlägt sieben, Euch wecket der Hahn.

FRIEDRICH dehnt sich. Man hat auch nimmer Ruhe.

LUDWIG. Was? – Sieben Uhr – heller Tag!

FRIEDRICH. Haben wir nicht wieder bis zwei Uhr in der Nacht gepaßt?

LUDWIG. Gepaßt? – Hm! – Was habt ihr denn gesehen?

FRIEDRICH. Ich nichts! Aber mein Herr genug!

LUDWIG lacht. Wieder Geister?[131]

FRIEDRICH. Wieder – schwarze und graue.

LUDWIG. Wie kann er sie gesehen haben, da du sie nicht gesehen hast?

FRIEDRICH. Eben darin besteht die Vornehmheit, daß sie sehen, wo wir nichts sehen. So was sagte er mir, da ich das Ding für einen Schein von einer Lampe hielt.

LUDWIG. Schein von einer Lampe? – So ein Herr wird doch nicht einen Schein –

FRIEDRICH wichtig. Ja ja! – Es sollen ihrer manche dem Scheine nachlaufen. – Eine Viertelstunde hat er sich mit dem Geist herum gebalgt.

LUDWIG. Und du hast deinem Herrn nicht geholfen?

FRIEDRICH ernsthaft. Bewahre! – Der Geist ist aus der Familie, und ich bin nur –

LUDWIG. Ei, wo Noth an Mann geht –

FRIEDRICH. Gehört alles zur Familie? – Freilich! – – Aber er schrie mir zu, dieser wäre der rechte noch nicht.

LUDWIG. Welcher ist denn der rechte?

FRIEDRICH feierlich. Der ihm sagt, wo er den Familienschatz heben kann.

LUDWIG. Aha! Ihr seid also Narren aus –

FRIEDRICH. Aus Noth! – Wir suchen bei den hochseligen Verwandten, da die lebendigen nichts mehr hergeben wollen.

LUDWIG. Das heißt: man wird ein trauriger Narr, weil man vorher ein allzu lustiger war.

FRIEDRICH. Oder, wie neulich Herr Willner sagte: »Die plötzliche – besonders tiefsinnige Weisheit vornehmer Leute kommt gewöhnlich von einer Noth des Leibes oder der Seele her.«


Quelle:
August Wilhelm Iffland: Theater. Band 4, Wien 1843, S. 131-132.
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