Sechzehnter Auftritt.

[179] Graf Bardenrode. Hernach Leopoldine.


BARDENRODE. Vermag sie das? – Fürwahr, dann kann sie viel.

LEOPOLDINE. Ach, lieber Graf!

BARDENRODE. Leopoldine! Er umarmt sie.

LEOPOLDINE. Eilen Sie, mich zu retten! – Eh' die Sonne untergeht –

BARDENRODE. Bist du die meinige?

LEOPOLDINE. Nein, ach nein! Die Grafen –

BARDENRODE. Sind zu gewinnen. –[179]

LEOPOLDINE. Womit? – Sie wünschen nichts. Meine Mutter haßt dich unversöhnlich.

BARDENRODE. Sie zu besänftigen –

LEOPOLDINE. Gilt nicht Opfer, That, noch Selbstverläugnung. Wenn sie haßt – so haßt sie bis in's Grab. – Noch heute wird man mich zum Altare schleppen, wo ich vor den Augen Gottes meineidig dich um dein Erbtheil und dein Weib betrügen soll.

BARDENRODE. Leopoldine, tritt zurück! Sprich in der Gegenwart des Priesters und der glänzenden Versammlung, daß du die Gattin dieses Mannes zu sein verschmähst. – Mag dies Geschlecht doch länger dauern! – Ich trachte nach ihrem Erbe nicht. Der Himmel gab mir Unterthanen, die mich lieben – Sei ihre Mutter.

LEOPOLDINE. Wie? wenn ich am Altare laut dein Weib zu sein bekenne, was droht mir dann? – Weiß ich, ob ich nicht ewig die Gefangene der neuen Gräfin werde?

BARDENRODE. Nein – nein! Die Bande der Natur –

LEOPOLDINE. Ach Wilhelm, wer in unserm Stande vom Wege der Natur einmal gewichen ist – der stürzt vom Irrthum zu der Thorheit, von der Thorheit tief in's Laster. Er opfert alles dem Gott, den er sich selbst gebildet, und ginge über Mann und Kind und Haus und Ehre der Weg hinauf. – Schimmer lockt – die Konvenienz befiehlt – ihm ist Natur – ein leerer Schall.

BARDENRODE. Gut! Dann soll Gewalt –


Quelle:
August Wilhelm Iffland: Theater. Band 4, Wien 1843, S. 179-180.
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