Neunzehnter Auftritt.

[286] Vorige. Figaro.


FIGARO zum Grafen Bardenrode. Sind Ihre Excellenzen Die drei Grafen meinend. unterrichtet?

BARDENRODE. Von allem.

FIGARO verbeugt sich tief gegen die drei Grafen. Verzeihen mögen Sie mir dann, wenn Sie durch diesen Menschenfreund die ersten Freudenthränen weinen.

HYAZINTH ernst. De tout mon coeur.

FIGARO. Die Frau Baronesse macht Frieden unter folgenden Bedingungen: Er liest.

»Zum Ersten, ist eine ewige Freundschaft unter beiden Parteien hiemit verabredet. Zum Zweiten, mag man von dem Mißverstande mit den Unterschriften denken wie man will; sagen soll man, die Frau Baronesse habe dies alles de bonne foi gethan. Drittens, besucht niemand der Hohen Kontrahenten das Haus der Gräfin Altenhain. Viertens, zahlt der Herr Graf von Bardenrode in sechs Monaten die sämmtlichen Schuldscheine der Herren Grafen gedachter Baronesse aus. Fünftens, vermehrt er ihr Witthum mit zweitausend Rthlr. Sechstens, macht er sich anheischig, die Frau Baronesse alle Winter auf drei Monate nach Paris zu führen. Siebentens, muß es gedachter Baronesse frei stehen, in hiesigem Gebiete ein französisches Dorf mit Rechten, Sitten und Gebräuchen dieser Nation anzulegen. Dagegen willigen Dieselben[286] ein, daß Erstens, die Fräulein Tochter Gräfin von Bardenrode werde, und –

BARDENRODE. Gewährt, gewährt! Er umarmt sie. O meine Leopoldine!

LEOPOLDINE. Mein Bardenrode!

BARDENRODE. Die Tage des Kummers sind vorüber! Das beste Weib ist mein! – Gewährt! – Wo ist das Papier? Er setzt sich rasch, es zu unterschreiben; besinnt sich, und legt beschämt die Feder nieder, steht auf, und sagt zu den Onkeln. Verzeihung! – Der letzte Punkt – betrifft Sie, liebe Onkel! Er küßt des Grafen Hyazinth's Hand. Werden Sie das französische Dorf erlauben?

HYAZINTH herzlich. O lieber Vetter! – zu gut – zu gut! – Man preßt mir Thränen aus.

BARDENRODE. Also?

ALLE DREI GRAFEN. Ja, ja, ja!

BARDENRODE unterschreibt, und gibt's Figaro.

FIGARO. Sie haben mich nicht zu Ende lesen lassen.

»Und wollen, Zweitens, die Frau Baronesse in die Regierung der deutschen Lande sich nicht mehr mischen.«

CHRISTOPH. Der Eine Punkt – ma foi! – verdient die andern.

FIGARO. Was Greif betrifft – so mißrathe ich die Untersuchung. Man würde irgend jemand zu genau in sein Vergehen verwickelt finden. Muß er das bewußte Kapital zum besten des Schulfonds abliefern, so wird seine Strafe wohlthätig für die Menschheit.

BARDENRODE. Sie haben Recht!

FIGARO. Die Geschichte des Bonnet diplomatique habe ich der Frau Baronesse verschwiegen – so wie ich bitte, daß[287] man sie überhaupt verschweige. Denn obgleich die Pariser Schellen auf deutschen Köpfen bis zur Uebertäubung läuten, so wird man doch mit Indignation die Idee verwerfen – weil – diese Schellen noch nicht zu Paris geläutet haben. Ein schöner Mund spricht – mit Accent sogar – die schmutzigsten Benennungen französischer Moden – pourvû qu'elles soyent en vogue! – Sonst sind wir gute Freunde. Sie war gleichmüthig, wie ein Gesandter, der zufrieden ist, wenn er beim Friedensschluß den Gebrauch vom Wapen des verlornen Landes und die rechte Hand erhalten hat. – Wir gaben uns ein paar Ehrensalven boshaften Witzes und schieden à la françoise! – Nun erlauben Sie, mein schönes Fräulein, Er küßt ihr die Hand. das Ende krönt das Werk! Er führt sie dem Grafen entgegen. Der fromme Wunsch des Mannes, der Gutes will, Hier legt er Bardenrode's Hand in die ihrige. und es vollbringt, bleibt niemals ohne gesegnete Erfüllung. Er reißt sich los, und geht schnell ab.

LEOPOLDINE. Theuer hast du mich erkauft.

BARDENRODE. Meinen Unterthanen zu Bardenrode eine Mutter – diesen Vätern eine Tochter! Er führt sie in ihre Umarmungen.

CHRISTOPH. Hm! – wir wollen uns bestreben –

HYAZINTH. Assûrément, ma fille!

BAPTIST. Gewiß und wahrlich!

HYAZINTH. Nun sagen Sie mir, Cousin, – Sie ließen vorhin so etwas fallen – von Geistern – was halten Sie wohl eigentlich so von Gespenstern?

BARDENRODE. Die Maschine, womit Greif Sie bei dem abenteuerlichen Schimmer einer Lampe und übertäubenden Gerüchen täuschte, sollen Sie selbst untersuchen.[288]

BAPTIST. Also – wir – damit ich doch das noch frage – wir unterschreiben künftig immer mit?

BARDENRODE. Ich werde die Geschäfte anders nicht übernehmen.

BAPTIST. So lasse ich von der Pension auch tausend Reichsthaler fallen.


Quelle:
August Wilhelm Iffland: Theater. Band 4, Wien 1843, S. 286-289.
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