Siebenter Auftritt.

[262] Graf Christoph. Figaro.


CHRISTOPH stolz. Herr Figaro, ich pardonire das Versehen.

FIGARO mit Achtung. Sehr gnädig! – Vielleicht mach' ich es in der Folge wieder gut.

CHRISTOPH. Sehen Sie, ich bin doch ein Herr, der Land und Leute hat – und – so einer muß nie nachgeben.

FIGARO. Auch thät' ich's nicht!

CHRISTOPH. Nicht wahr? – Hm! – wüßte ich nur –[262] Die Baronesse hat einen hohen Geist! das müssen ihr ihre Feinde lassen. – Einen großen, noblen, altadelichen Geist!

FIGARO. Das sieht man gleich.

CHRISTOPH. Ja ja! – denn par exemple – spricht ein König – oder so etwas – mit einer andern Dame mehr als mit ihr, so fällt sie hin in Konvulsionen. Warm. Dabei ist sie doch wieder – wie sage ich's – daß sie um einen Heller das Schloß umwenden könnte. – Und denn doch auch wieder fein – und hoch ehrgeizig – und kurz, es ist eine große Dame! Mit Stolz kann man sie überwinden, und blenden – und groß machen, und wieder klein.

FIGARO. In der That – so lernte ich sie auch kennen.

CHRISTOPH. Darum – wüßte ich nur eine vornehme Charge, oder – so – so einen Orden zu bekommen!

FIGARO erstaunt. Charge? – Orden? – Ist nicht der Name Ihres Hauses der höchste Rang?

CHRISTOPH. Verstehen Sie mich. – Wir unter uns – wir estimiren uns niemals nach dem, was wir an uns selber sind, sondern nach dem Rang, den wir bei Hofe haben. Wenn ich nun so was hätte – dann gäbe sie eher nach.

FIGARO. Den Orden – zum Exempel – verschafft Ihnen der Graf von Bardenrode.

CHRISTOPH. Ja – gutherzig ist er.

FIGARO. Ständen Sie von der Heirath ab – er gäbe Ihnen noch eine ansehnliche Pension dazu.

CHRISTOPH. Entre nous! ich kann die junge Baronesse gar nicht leiden. Für einen Grafen ist's auch etwas despektirlich, mit einer Baronesse sich zu vermählen.

FIGARO. So scheint es wohl.

CHRISTOPH. Und dann – habe ich es hier mit unserer[263] Justine – zwar eine Bäuerin – aber doch unsere Unterthanin.

FIGARO. Ei – ich an Ihrer Stelle – mein Leben zu genießen – würde mir von Bardenrode jährlich – ich will sagen – zwei tausend Thaler geben lassen, und entsagte dann der Heirath und der Regierung.

CHRISTOPH. Zwei tausend? – Das ist viel! – Ja, mon cher Figaro, wenn Sie mir das zu Stande brächten!

FIGARO. Wenn Sie mir die Entsagung schriftlich geben, und Ihre Herren Brüder auch dazu bereden – ja.

CHRISTOPH. Schriftlich und gedruckt. Die Baronesse gibt an barem Gelde jedem nur fünf hundert. – Allein, will Bardenrode sie bezahlen; so kann er in zwölf Jahren von der Grafschaft keine Revenüen ziehen.

FIGARO. Freie Herrschaft – den Edelstein von Deutschlands Reichsverfassung – hat er – entfernt von jedem Schimmer – zum Wohlstand seiner Unterthanen angewendet; so ist er reich an innerer Kraft.

CHRISTOPH. Ich will sogleich die Schrift –

FIGARO. Allein die Herren Brüder –

CHRISTOPH. Laissez-moi faire! – Also, den Orden und zwei tausend –

FIGARO. Hat seine Richtigkeit. Doch welchen Orden eben der Herr Graf –

CHRISTOPH. Gilt gleich! – Nur hätte ich gern ein Band von einigem Eclat. – Jetzt schreibe ich die Verzicht. – Mein liebster Figaro, ich bin von Ihrer Connoissance wahrhaft scharmirt. Er geht zum Grafen Baptist.

FIGARO allein. Kühnheit und Menschenkenntniß, bis dahin habt ihr mich trefflich unterstützt! O du – der größten[264] Thaten Schöpfer – Zufall, sei mir jetzt günstig! Jetzt schnell zu Bardenroden, daß er dies Projekt erfahre. Will gehen.


Quelle:
August Wilhelm Iffland: Theater. Band 4, Wien 1843, S. 262-265.
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