Neunter Auftritt.

[101] Louise. Sekretär Ahlden. Hernach Christian.


LOUISE. Bist du da? Bringst du uns Rettung?

SEKRETÄR. Ach! –

LOUISE. Keine Rettung? So ist es an mit uns, wir sind verloren!

SEKRETÄR. Was macht dein Vater?

LOUISE. Leidet, und ist dem Tode nahe. Meine Mutter[101] ist in Verzweiflung – Eduard wage ich keine Minute zu verlassen. Im Kabinet des alten Ruhberg wird geklingelt. Mein Vater ruft – erwarte mich hier.

SEKRETÄR. Keine Aussicht – gar keine – Vater, du stürzest sie.

CHRISTIAN. Ihr Herr Vater schickt, Sie sollten gleich nach Hause kommen und auf ihn warten –

SEKRETÄR. Auf ihn warten, und jede Minute ist unschätzbar, wie kann ich? – dort – ja, ja, ich will gleich kommen –

CHRISTIAN geht ab.

LOUISE kommt erschrocken aus dem Kabinet. Ach Gott!

SEKRETÄR. Was ist's?

LOUISE. Er will ihn sprechen –

SEKRETÄR. Wen?

LOUISE. Meinen Bruder.

SEKRETÄR. Hat er ihn noch nicht gesprochen?

LOUISE. Nein, der Doktor hat's verboten. Ach ich zittre vor dieser Zusammenkunft, sie ist meines Vaters Tod. Er fährt zusammen, wenn er nur seinen Namen nennen hört. Ich will ihn rufen, ich darf nicht weit bleiben. – Mein Vater fürchtet sich vor dem Jammer meiner Mutter. Geh' du zu ihr, und sprich ihr Trost zu.

SEKRETÄR. Ich soll meinen Vater zu Hause erwarten. Ich darf nicht hier bleiben. Fasse Muth, ich will thun, was Liebe und Verzweiflung mir eingeben. Geht ab.

LOUISE. Der Segen der Liebe begleite dich! Geht ab.


Quelle:
August Wilhelm Iffland: Theater. Band 2, Wien 1843, S. 101-102.
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