[323] Zimmer bei Dolgoruki.
Dolgoruki. Ein Adjutant.
DOLGORUKI.
Sind sie im Marsch?
ADJUTANT.
Die Trommel ward gerührt,
Grad, als ich Twer verließ.
DOLGORUKI.
Ist Schepelew
Mir sicher? Hast du ihn erforscht?
ADJUTANT.
Der Oberst
Ist ganz für dich gewonnen, und du darfst,
Ich bin des Bürge, auf ihn zählen. Lachend[323]
Sieht ihn das Glück, das du ihm zeigtest, an.
Auch hält er's für erlaubt, daß du den Zügel
Der Ding' ergreifst, weil du der erste bist,
Der ältste der Bojaren. Pflicht und Vorteil
Vereint, treibt ihn zu dir.
DOLGORUKI.
Das wär' in Ordnung.
Du kennst dein Amt. Wir lassen jetzt Alexis
Ausrufen, krönen in der Kathedrale
Zur Himmelfahrt Maria. Heut zu Nacht
Gibt's Fest und Lustbarkeit. Die Truppen bleiben
In der tartarischen Sloboda. Sprich,
– Wirst du gefragt – gleichgültig von dem Marsch,
Als einer Sach', die sich von selbst versteht;
»Denn eine Garde muß der neue Herr
Doch um sich haben« – Nachts, wenn alles still,
Und seinen Rausch das Volk verschläft, führst du
Das Corps in Moskau ein. Sie werden truppweis
Auf allen Plätzen lagern. Unverweilt
Verhaftst du Glebof, und die andern, die
Von seiner Farbe sind.
Nach einer Pause.
Wenn im Getümmel –
Der Glebof ist ein wilder, hitz'ger Kopf –
Ein Unglück etwa sich mit ihm ereignet ...
ADJUTANT.
Wirst du ergebnen Eifer, Diensttreu, nicht
Zur Untersuchung ziehn.
DOLGORUKI.
Gewiß nicht, Freund.
Mach alles gut. Du schaffst und sorgst für dich.
Du bist das Roß, das mich zu Berge trägt,
Und mit zum Gipfel kommt.
Der Adjutant geht. An der Türe ruft ihn Dolgoruki.
Eberlakof![324]
Die Zarin wird gebührend ausgezeichnet,
Hörst du? Du gibst ihr eine Ehrenwache,
Sobald der Morgen graut.
ADJUTANT.
Wie du befiehlst.
Ab.
Ausgewählte Ausgaben von
Alexis
|
Buchempfehlung
Schnitzlers erster Roman galt seinen Zeitgenossen als skandalöse Indiskretion über das Wiener Gesellschaftsleben. Die Geschichte des Baron Georg von Wergenthin und der aus kleinbürgerlichem Milieu stammenden Anna Rosner zeichnet ein differenziertes, beziehungsreich gespiegeltes Bild der Belle Époque. Der Weg ins Freie ist einerseits Georgs zielloser Wunsch nach Freiheit von Verantwortung gegenüber Anna und andererseits die Frage des gesellschaftlichen Aufbruchs in das 20. Jahrhundert.
286 Seiten, 12.80 Euro
Buchempfehlung
Biedermeier - das klingt in heutigen Ohren nach langweiligem Spießertum, nach geschmacklosen rosa Teetässchen in Wohnzimmern, die aussehen wie Puppenstuben und in denen es irgendwie nach »Omma« riecht. Zu Recht. Aber nicht nur. Biedermeier ist auch die Zeit einer zarten Literatur der Flucht ins Idyll, des Rückzuges ins private Glück und der Tugenden. Die Menschen im Europa nach Napoleon hatten die Nase voll von großen neuen Ideen, das aufstrebende Bürgertum forderte und entwickelte eine eigene Kunst und Kultur für sich, die unabhängig von feudaler Großmannssucht bestehen sollte. Für den dritten Band hat Michael Holzinger neun weitere Meistererzählungen aus dem Biedermeier zusammengefasst.
444 Seiten, 19.80 Euro