Siebenter Auftritt.

[56] Die Vorigen. Faustin.


FAUSTIN im Eintreten für sich. Ich soll das Volk auf ein g'scheite Art aus'n Haus bringen – dieser ehrenvolle Auftrag ist für mich ein wahrer Hautgout!

SEBASTIAN für sich. Der Bediente – jetzt will i gleich auf die Spur kommen.

FAUSTIN nachlässig beide Hände in die Taschen steckend. Wenn Sie nachher essen wollen – 's ist fertig –

SEBASTIAN. Apropos, lieber Freund! Bevor ich zum Essen geh', möcht' ich noch gern ein guten Rat von Ihm –

FAUSTIN. Guten Rat – der gute Rat ist gewöhnlich teuer.

SEBASTIAN. I verlang' nichts umsonst. Er klimpert selbstgefällig in der Tasche.

FAUSTIN horchend. Nicht unangenehm die Melodie – Talerklang ist die einzige deutsche Komposition, die überall mit Beifall aufgenommen wird –

SEBASTIAN zieht eine Handvoll Taler aus der Tasche. Schau Er einmal her –

FAUSTIN langt danach. Darf ich so frei sein.

SEBASTIAN. Oho – Er steckt das Geld wieder ein. bei uns z' Haus heißt a Sprüchl:


A bißl sikrisch, a bißl sakrisch, a bißl vornehm muß ma tan,

Große Taler muß man sehn lassen, aber – hergeb'n muß ma kan!


FAUSTIN sich verdrießlich abwendend. Dummer Kerl!

SEBASTIAN. Aber Er soll a paar hab'n – wann Er aufrichtig red't.

FAUSTIN. Bin nicht abgeneigt –

SEBASTIAN. Schau Er – 's ist heut' der Geburtstag von mein Bruder –

FAUSTIN. Oui![56]

SEBASTIAN. I möcht' ihm gern a Bindband geben, so was ihm a rechte Freud' macht – was meint Er denn so?

FAUSTIN. Ja, das ist eine schwere Sach', so ein reichen Mann, der eh alles hat.

SEBASTIAN. So – also ist er wirklich so reich worn?

FAUSTIN. Na ich mein's! Es können ihm höchstens noch a fünf Gulden zum Krösus abgehn – 's is ja eins der ersten Häuser in Wien.

SEBASTIAN. So, so! – Na, aber weiß Er, ich ließt mich auch nicht spotten – so a paar hundert Taler wendet ich schon dran –

FAUSTIN. Hahaha! – Was sein hundert Taler für ihn –? Ein Tropfen in die Donau! Der gestrige Ball hat netto zweitausend Gulden gekostet –

SEBASTIAN. So – so – na, nachher muß er schon mit dem vorlieb nehmen, daß ich selber da bin –

FAUSTIN. Ja, sagen Sie mir, haben Sie denn ein' Einladung kriegt.

SEBASTIAN. Narr! Einladung, wann i eing'laden g'west wär', war's ja kein Überraschung –

FAUSTIN. Ja, das war eine schöne Überraschung –

SEBASTIAN. Wir sein ung'legen kommen –?

FAUSTIN. Ja sehn Sie, wann Sie's schon wissen wollen – 's gibt bei uns noble Augenblicke – Momente – Situationen –

APOLLONIA. Hab' ich's nicht g'sagt, und da wünschens uns –

SEBASTIAN herausplatzend. Zu allen Teufeln –

FAUSTIN. Oui!

SEBASTIAN gibt Faustin Geld. Da – da hat Er für sei aufrichtige Mitteilung –

FAUSTIN. Merci, monsieur!

SEBASTIAN heftig auf und nieder gehend. 's ist richtig – er hat ka Herz mehr zu mir – um mir sei Lieblosigkeit z' verbergen, heuchelt er ein Unglück – pfui! pfui! Spielt mir da a Komödie vor – pfui Teufel! Zu Apollonia. Alte! Mach' fort.[57]

APOLLONIA. Gehn wir?

SEBASTIAN. Ja, um mein Leben nimmer wiederz'kommen –

FAUSTIN. Was?

SEBASTIAN. Sag' Er dem Blasi – nein, dem Herrn Hochfeld – Herrn von Hochfeld, ich brauch' sei Geld nit, und steh' auch nicht auf sei Mittagessen an, 's gibt noch Wirtshäuser in Wien – Sag' Er ihm – ich trag' keine Glacéhandschuh und keine lackierten Stiefeln, ich hab' aber auch keine lackierten Wort' im Vorrat, aber, das sag' Er ihm, ich hab' da, da Sich stark auf die Brust klopfend. a Herz im Leib – a Herz, und sag' Er ihm, er hat keins, und sag' Er ihm, trotz meiner Gemeinheit tausch' ich mit seiner Nobleß nicht, und sag' Er ihm – daß er mir weh – recht weh tan hat – und i find's nit der Müh' wert, ihm no was sagen zu lassen. Jetzt komm Alte! Er nimmt Apollonia unterm Arm und geht ab.


Quelle:
Friedrich Kaiser: Stadt und Land oder Der Viehhändler aus Oberösterreich. Leipzig [1905], S. 56-58.
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