Dreizehntes Kapitel
In welchem das Sinngedicht sich bewährt

[650] »Fast glaub ich, dort wartet ein Schreinermeister, den ich bestellt habe und sprechen muß; ich empfehle mich solange den Herren!« sagte Lucie unmittelbar nach dem Schlusse der kleinen Erzählung und ging, sich leicht und mit verhaltenem Lächeln verneigend, davon. Reinhart blickte ihr nach und sah dann den alten Oberst an.

»Was hat Ihre prächtige Nichte«, sagte er, »nur für einen Zorn auf meine armen Schützlinge, daß sie so satirische Pfeile auf mich abschießt? Das geht ja fast über das Ziel hinaus!«

»Je nun«, erwiderte der Oberst lachend, »sie wehrt sich eigentlich doch nur ihrer Haut, die übrigens ein feines Fell ist! Und merken Sie denn nicht, daß es weniger schmeichelhaft für Sie wäre, wenn sich die Lux gleichgültig dafür zeigte, daß Sie für allerhand unwissende und arme Kreaturen schwärmen, zu denen sie einmal nicht zu zählen das Glück oder Verdienst hat?«

Ob Reinhart als Gelehrter schon so unpraktisch oder als junger Mann noch so unkundig oder blind war, genug, er hatte diese Seite der Sache noch gar nicht bedacht und errötete über den Worten des Alten ordentlich von der inneren Wärme, die sie ihm verursachten.

»So geht es«, sagte er mit unmerklicher Bewegung; »wenn man immer in Bildern und Gleichnissen spricht, so versteht man die Wirklichkeit zuletzt nicht mehr und wird unhöflich. Indessen habe ich natürlich an das Fräulein gar nicht gedacht, so wenig[651] als eigentlich an mich selbst, so wie man auch niemals selber zu halten gedenkt, was man predigt. Es ist Zeit, daß ich abreite, sonst verwickle ich mich noch in Widersprüche und Torheiten mit meinem Geschwätz, wie eine Schnepfe im Garn.«

»Gut, reiten Sie«, antwortete der alte Herr, »aber kehren Sie bald wieder! Kommen Sie zuweilen Sonntags und nehmen Sie statt des alten Nilpferdes einen jungen Kutscher mit guten Trabern, so fahren Sie rascher vom Fleck und sind weniger vom Wetter abhängig. Ich mag der Lux zur Abwechslung eine heitere junge Gesellschaft, wie die Ihrige, gönnen; sie ist frei, munter und selbständig und macht keine Dummheiten. Ich selbst aber freue mich ordentlich, sentimental darauf, den Freunden meiner Jugend durch Sie am Lebensabend noch einmal nahe zu treten, und freue mich auch, der Dame Else Moorland, Ihrer Mutter, meine Nichte unter Augen zu stellen, damit sie sieht, wir seien hier auch nicht von Stroh!«

Nachdem sie noch ein Weilchen geplaudert, Reinhart mit ungeduldigem Herzklopfen, eilte er ins Haus, den Mantelsack zu packen, und nach dem Stalle, das Pferd satteln zu lassen, welches sich auf der Weide rundgefressen hatte. Er war so eilig, weil er glaubte, Zeit und Geschick damit zu beschleunigen, mochten sie bringen, was sie wollten.

»Sie werden doch noch mit uns essen, eh' Sie reisen?« sagte Lucie betreten, als er wieder unter den Platanen erschien und sie dort vorfand.

»Es ist nicht möglich«, antwortete Reinhart; »wenn ich heute noch zu Haus ankommen will, so muß ich vor Tisch aufbrechen!«

»Ei, ist denn Ihre Fahrt schon zu Ende? Sie haben ja kaum begonnen! Sie werden doch die schädliche Arbeit nicht schon wieder aufnehmen wollen?«

»Gewiß nicht, mein Fräulein, ich möchte jetzt mein Augenlicht mehr schonen als jemals, denn die bewußte Kur hat ihm so gut getan, daß es undankbar wäre, es wieder zu gefährden!«[652]

»Sie werden natürlich auf allen den bewußten Stationen haltmachen, über welche Sie gereist sind?«

»Dann würde ich nicht weit kommen! Ich denke vielmehr den andern, kürzern Weg von hier aus zu nehmen, der über die Althäuser Brücke führt.«

Lucie schien mit diesem unbedeutenden Gespräche zufrieden zu sein; sie entließ den berittenen Naturforscher in freundlicher Weise, und er zog so ernst seines Weges wie ein Afrikareisender, nachdem er vor einigen Tagen so munter ausgefahren war. An diesem Tage ging er zwar wieder in heiterer Stimmung schlafen, nachdem er noch einen geselligen Kreis aufgesucht und in dessen Fröhlichkeit sein Wissen um Lucie als anonymen Teilnehmer hatte mitlaufen lassen. Am nächsten Morgen aber fühlte er sich vereinsamt und merkte, daß er angeschossen war.

Und es kam ärger; unbekannte Nöte fingen an, sich in seinem Herzen zu regen, daß er widerwillig die Natur des Muskels von neuem untersuchen, und als hierbei nichts herauskam, sich gewöhnen mußte, in angestrengter Arbeit die Störungen zu vergessen, wenn er nicht einem unwürdigen Zustande der Träumerei verfallen wollte. Dennoch wiederholte er den Besuch auf dem Landgute zunächst nicht, um durch das Getrenntsein den Ernst der Lage gründlicher zu erforschen und klarzustellen. Nur ein paar Briefe schrieb er ohne jede unbescheidene Anspielung und erhielt ebensolche Antworten. Desto froher machte ihn ein unerwarteter Brief seiner Mutter Else oder Hildeburg, welche ihm im Laufe des Sommers schrieb, daß der Oberst und seine schöne Nichte auf einer Reise bei ihnen vorgesprochen hätten, und wie das eine erquickliche Geschichte und ein fröhlicher Tag gewesen, wie ferner für den Herbst ein Gegenbesuch verabredet sei. Die Lucie sei eine ernsthafte und kluge Person mit dem Gemüt eines Kindes, und der Papa Reinhart, der den Leuten sonst so kurze Zettel zukommen lasse, schreibe ihr bereits so lange Briefe, wie er ihr, der Mutter Else, kaum in der ersten Zeit geschrieben habe. Aber sie möge es ihr wohl gönnen und freue[653] sich schon darauf, die Briefe ihres Mannes zu lesen, wenn sie einmal dort sei.

Im September kam ein Briefchen von Lucie; sie schrieb: »Ihre Eltern sind beide hier bei uns; wollen Sie nicht auch kommen? Es wäre doch nicht schön, wenn wir die liebe Herrschaft nicht mit der Anwesenheit des Sohnes regalieren könnten und so gottesjämmerlich daständen, nachdem wir mit seiner Freundschaft geprahlt haben! Aber lassen Sie das Nilpferd zu Hause und bringen Sie einen Koffer mit! Der Onkel Marschall will mit Ihnen smollieren, was mir leider als einem Frauenzimmer versagt bleibt!«

Obgleich Reinhart, der so ausführliche Weiber- und Liebesgeschichten aus dem Stegreif erzählt hatte, die letzten Worte schon als vorläufige Andeutung eines Abschlages anzusehen geneigt war, sofern er etwa einen solchen herausfordern würde, packte er doch einen Koffer mit allen wünschbaren und kleidsamen Sachen, die in seinem Besitze waren, und fuhr hin. Er fand alles in schönster Laune unter den Platanen vereinigt; die Else Moorland trug ohne Schaden an ihrer Matronenwürde ein schneeweißes Kleid gleich der Lucie, da eine warme Sommersonne schien, und ihr schwarzes Haar ohne Haube entrollt. Der Oberst hatte die Krücke im Haus gelassen und trug Sporen an den Stiefeln. Der alte Reinhart sah aus, wie wenn er ein dreiunddreißigjähriger Privatdozent wäre und erst noch alles zu erreichen hätte, was er schon geleistet und erreicht, und die Lucie war still und bescheiden wie ein ganz junges Mädchen, während sie doch fünf- oder sechsundzwanzig zählte, kurz, niemand wollte alt sein oder es werden, denn alle hatten es in sich, und es war eine allgemeine Herrlichkeit und Zufriedenheit; nur Lucie und Reinhart schienen abwechselnd etwas stiller oder nachdenklicher, je nachdem das eine oder das andere bewölkten Himmel über sich sah. So vergingen einige Tage in großer Behaglichkeit.

Nun sollte endlich auch ein Besuch in dem bekannten Pfarrhause abgestattet werden, dessen Oberhaupt ein Studienfreund[654] des alten Reinhart gewesen, woher eben die Bekanntschaft auch mit dem Sohne.

»Gehen Sie auch gern hin?« sagte Lucie besorgt zu dem jungen Reinhart, weil sie wünschte, daß ihm jeder Tag heiter und angenehm verlief, und wußte, daß ihn die besondere Art der Pfarrleute zuweilen ermüdete.

»Ich bin in der Tat nicht recht aufgelegt«, versetzte er, »einen ganzen Tag dort zuzubringen.«

»Da bleibst du eben hier«, riet die Mutter, »es handelt sich ja ohnehin mehr um uns Alte; wenn der Marschall mitfährt, so wird der Wagen so schon besetzt; er will uns nämlich in seiner leichten Jagdstellage, oder wie man es nennt, hinführen, der Eisenfresser. Sei ruhig, Marschall!«

Dies rief sie, weil der Oberst, hinter ihr stehend, sie an einer Bandschleife zupfte, als er das Wort vernahm.

»Und was geschieht denn mit dir, Lux?« sagte er hierauf.

»Mit mir? Ich muß eben das Haus hüten, wie alle armen Haushälterinnen, und für den Abendsorgen!«

»Gut, dann sorge auch für ein rechtschaffenes Getränke! Denn das Smollieren mit dem jungen Duckmäuser muß einmal stattfinden, daß die Duzerei durchgeführt ist. Du kannst auch gleich mithalten!«

Beide junge Leute erröteten wie Konfirmanden, die erst etwas erleben sollen. Kein Mensch hätte geglaubt, daß sie sich vor einigen Monaten schon alles mögliche Zeug erzählt hatten.

Als die Alten fort waren und jetzt auf einmal eine Stille herrschte, standen die Jungen noch verlegen da und schienen doch zu zögern, die innestehende Wage des Augenblicks zu stören, bis Reinhart den Ausweg fand, Lucien um ein Buch zu bitten, darin er lesen könne. Sie lud ihn ein, selbst nachzusehen, was ihm diene. So gingen sie gemächlich in das Haus hinein, die Treppe hinauf und betraten das bescheidene Museum, in welchem das Fräulein seine Jahre verbrachte. Durch die offenstehenden Fenster wallte die Luft herein, indes das milde Gold der[655] Septembersonne, von der grünen Seide der Gardinen halb aufgehalten, halb durchgelassen, den Raum mit einem sanften Dämmerschein erfüllte.

»Was wollen Sie lesen?« fragte Lucie.

»Darf ich eines von Ihren Lebensbüchern nehmen?« erwiderte Reinhart; »ich habe bemerkt, daß hin und wieder etwas an den Rand geschrieben ist, und nun empfinde ich ein Gelüste, diesen Spuren nachzugehen und Ihre guten Gedanken zu haschen. Vielleicht, wenn es überhaupt erlaubt wird, entdecke ich das Geheimnis, welches Sie in den Offenbarungen anzieht!«

»Das Geheimnis ist ein sehr einfaches«, versetzte Lucie, »und doch ist es allerdings eines. Ich suche die Sprache der Menschen zu verstehen, wenn sie von sich selbst reden; aber es kommt mir zuweilen vor, wie wenn ich durch einen Wald ginge und das Gezwitscher der Vögel hörte, ohne ihrer Sprache kundig zu sein. Manchmal scheint mir, daß jeder etwas anderes sagt, als er denkt, oder wenigstens nicht recht sagen kann, was er denkt, und daß dieses sein Schicksal sei. Was der eine mit lautem Gezwitscher kundgibt, verschweigt der andere sorgfältig, und umgekehrt. Der bekennt alle sieben Todsünden und verheimlicht, daß er an der linken Hand nur vier Finger hat. Jener zählt und beschreibt mittels einer doppelten Selbstbespiegelung alle Lebeflecken und Muttermälchen seines Rückens; allein, daß ein falsches Zeugnis, das er einst aus Charakterschwäche oder Parteilichkeit abgelegt, sein Gewissen drückt, verschweigt er wie ein Grab. Wenn ich sie nun alle so miteinander vergleiche in ihrer Aufrichtigkeit, die sie für kristallklar halten, so frage ich mich: Gibt es überhaupt ein menschliches Leben, an welchem nichts zu verhehlen ist, das heißt unter allen Umständen und zu jeder Zeit? Gibt es einen ganz wahrhaftigen Meschen und kann es ihn geben?«

»Es sind wohl manche ganz wahrhaftig«, sagte Reinhart, »nur sagen sie nicht alles auf einmal, sondern mehr stückweise, so[656] nach und nach, und die Natur selbst, sogar die Heilige Schrift verfahren ja nicht anders!«

»Was mich tröstet«, fuhr Lucie fort, »ist, daß mehr Gutes als Schlimmes verschwiegen wird. Beinah jeder würde, wenn er nur Gelegenheit und Stimmung fände, uns zuletzt doch noch mit dem Unangenehmsten bewirten, das er über sich aufzubringen wüßte; viele aber sterben, ohne daß sie des Guten und Schönen, das sie von sich erzählen könnten, je mit einer Silbe zu gedenken. Diese führen auch trotzdem die lieblichste Sprache; es ist, als ob die Veilchen, Maßlieben und Himmelschlüsselchen zwischen ihren Zeilen hervorblühten, ganz gegen Wissen und Willen der bescheidenen Schreiber und Schreiberinnen.«

Reinhart hatte auf dem Stuhle Platz genommen, der vor Luciens Tische stand, und sie lehnte lässig am Tische. Inzwischen griff er von dem Brette der Lebensbeschreibungen eines der Bücher heraus, und als er darin blätterte, entfiel demselben ein sonderbares Bildchen oder Einlegeblatt. Das Bildchen war mit ungezwirnter Seide und feinster Nadel auf ein Papier gestickt, in der Art, daß es sich auf beiden Seiten vollkommen gleich darstellte. Auf einem grünen Erdreiche stand ein Tannenbäumchen und ein Stäudlein mit zwei roten Rosen; dazwischen in der Reihe haftete am gleichen Grund und Boden ein Herz, von welchem ein entzweigeschnittenes blaues Band flatterte, dessen andere Hälfte an einem zweiten Herzen hing; und dieses, mit Flügeln versehen, hatte sich offenbar von dem erstern losgerissen und flog, eine goldene Flamme ausströmend, in die Höhe, wahrscheinlich zum Himmel hinan.

Reinhart besah das Blättchen zuerst achtlos, dann aufmerksamer, da er eben, als er es in das Buch zurücklegen wollte, den Inhalt erkannte.

»Was ist das für eine kleine Herzensgeschichte?« fragte er, »es scheint ja gar leidenschaftlich herzugehen. Das eine steckt wie eine rote Rübe im Boden fest, während das andere feuerspeiend und geflügelt sich emporschwingt!«[657]

Lucie nahm ihm die naive Schilderei aus der Hand, beschaute sie ebenfalls und sagte dann: »Also hier steckt das närrische Ding? Es wandert seit Jahren in diesen Büchern herum und kam mir lange nicht zu Gesicht. Übrigens ist es eine Klosterarbeit, die ich selber verfertigte.«

Als Reinhart die Sprecherin etwas verwundert ansah, setzte sie errötend hinzu: »Ich bin nämlich katholisch!«

»Darüber brauchen Sie doch nicht zu erröten!« meinte Reinhart, den eine solche Verschiedenheit der Konfession eher belustigte als betrübte. Sie verstand seinen freien Sinn, wurde aber jetzt ganz rot und sagte mit unwillkürlichem Niederschlagen der Augen: »Ich bin nicht katholisch geboren, ich bin es geworden!«

Hiermit lag die Sache freilich anders. Ein Religionswechsel ist in dies scheinbar ruhige Leben gefallen; was mag damit alles zusammenhängen! sprach es sogleich in seinem Innern, und er blickte zu der unweit von ihm stehenden Lucie mit der Überraschung empor, mit welcher man sonst in einen unvermuteten Abgrund hinabschaut. Sein Gesicht zeigte sogar einen etwas bekümmerten Ausdruck; es malten sich darin Mitleid und Sorge eines Menschen, dem keineswegs gleichgültig ist, was ohne sein Wissen geschah, als ob es ihn nichts anginge.

Die Augen plötzlich aufschlagend, sagte Lucie mit wehmütigem Lächeln: »Sehen Sie, da haben wir gleich so eine Geschichte, von der man nicht weiß, ob man sie bekennen oder verschweigen soll! Es wissen nur wenige Personen darum, und selbst mein Oheim ahnt nichts davon, obgleich er auch katholisch ist.«

»Mir aber«, erwiderte Reinhart, »haben Sie nun schon zuviel verraten, als daß Sie mir nicht anvertrauen sollten, um was es sich handelt!«


»Es ist im Grunde nichts als eine Kinderei, die Sie erfahren dürfen (versetzte Lucie); es ist mir sogar lieb, wenn Sie es wissen, damit Sie eine gute Freundin, wie ich bin, nicht gelegentlich unbewußt verletzen oder wenigstens kleinen Verdrießlichkeiten[658] aussetzen. Mein Vater war Protestant, wie jedermann in dieser Gegend, die Mutter dagegen Katholikin; er besaß aber so viel Gewalt über sie, daß sie ohne weitere Umstände den protestantischen Gottesdienst besuchte und es ohne Widerspruch geschehen ließ, daß ich in diesem Glauben getauft und erzogen wurde. Wir stellten so eine ungemischte protestantische Familie vor, und niemand wußte es anders. Nicht daß der Vater ein besonders eifriger und gläubiger Lutheraner gewesen wäre; nur vertrat er den Grundsatz, daß aus einem reformierten Hause man nicht mehr rückwärts schauen solle, und das sogenannte Katholischwerden war ihm ärgerlich und verächtlich. Im übrigen benahm er sich duldsam und friedlich, und so verhinderte er auch keineswegs meine selige Mama, mit ihrer besten Jugendfreundin, einer stillen Klosterfrau, den alten Verkehr fortzusetzen und dieselbe alljährlich ein- oder zweimal in ihren geweihten Mauern heimzusuchen. Bei Lebzeiten der Eltern bewohnten wir ein Haus in jener Stadt am Flusse, deren Türme wir von hier aus sehen können, wenn das Wetter hell ist. Die Gartenterrasse stieß unmittelbar an das Wasser, zu welchem einige steinerne Stufen hinunterführten, und am Fuße der Treppe lag ein leichter Kahn an der Kette, der zu Spazierfahrten auf dem leise ziehenden Gewässer benutzt wurde. Abwärts vermochte fast jeder Hausbewohner das Fahrzeug zu regieren, und wenn wir eine längere Fahrt unternahmen, kehrte man auf einem der kleinen Dampfboote zurück und ließ den Nachen anhängen.

Ungefähr anderthalb Meilen unterhalb unserer Stadt ragte am gegenüberliegenden Ufer, wo die Menschheit katholisch ist, das besagte Kloster idyllisch aus dem Wasser in ländlicher Einfachheit und nur von seinen Obstbäumen, Wiesen und Feldern umgeben.

Da die Besuche meiner Mutter meistens auf eines der heitern Kirchenfeste in schöner Jahreszeit verlegt wurden, wie z.B. auf Fronleichnamstag, wo die Stiftsfrauen sich eine gewisse Fröhlichkeit, ein bescheidenes Wohlleben gönnten, so machte die[659] Mama sich die Freude noch dadurch feierlicher, daß sie sich auf dem blau glänzenden Flusse hinunterfahren ließ und meine Person im frühesten Kindesalter mitnahm. Sie putzte mich dann zierlich und hellfarbig heraus, damit ich den guten Nonnen in ihrer dunklen Tracht und Abgeschiedenheit den Sommertag hindurch als eine Art lebendiger Puppe dienen konnte, mit welcher sie spielten, und die Mama empfand das schönste Vergnügen, mich von Hand zu Hand, von Schoß zu Schoß gehen zu sehen. Als ich jedoch etwas größer wurde, hielt ich mich selbst so ernst und still wie ein Nönnchen und war stolz darauf, die beiden Freundinnen nicht zu verlassen, wenn sie unter traulichen Gesprächen und Erinnerungen in der Zelle am Fenster standen oder einen Gang durch die blühenden Gärten und Felder machten. Bei der festlichen Tafel jedoch mußte ich neben der Frau Priorin sitzen, die mir ab und zu wohlwollend die Hand streichelte und mich niemals entließ, ohne mir ein buntes, mit seidenen Maschen geziertes Körbchen voll Backwerk und irgendein silbernes Kreuzchen oder Gottesmütterchen zu schenken. Kamen wir dann nach Hause, so verglich uns der selige Vater scherzend mit jenen aztekischen Indianern, welche heutzutage noch zu gewissen Zeiten auf den großen Strömen landeinwärts fahren sollen, um an geheimnisvollen Orten den alten Göttern zu opfern.

Leider war ich trotz dieser Klosterfreuden schon ein rechtes kleines Heidenstück, und zwar durch den Unverstand der großen Menschen. Es besuchte ein hübscher junger Mann unser Haus, der, so oft er mich erblickte, mich auf seine Knie nahm, küßte und seine kleine Frau nannte. Als ich das vierte oder fünfte Jahr hinter mir hatte, ließ ich mir's freilich nicht mehr gefallen; ich sträubte mich, schlug um mich und entfloh. So oft er aber kam, fing er mich wieder ein, und so ging das Spiel fort, bis ich acht, bis zehn Jahre alt war. Ich blieb stets gleich wild und spröde, und doch wurde ich allmählich unzufrieden, ja unglücklich, wenn er etwa vergaß, mich seine kleine Frau oder seine Braut zu nennen, die er zu heiraten nicht verfehlen werde. Indessen[660] sah ich ihn endlich nur noch selten, weil er längere Zeiträume hindurch abwesend war; wenn er einmal wieder kam, geschah es in veränderter Gestalt, jetzt als verwegener Student, dann als Militär in glänzender Montur, oder als gereister Weltmensch, was ihm in meinen kindischen Augen einen geheimnisvollen Reiz verlieh.

Zuletzt aber verschwand er auf mehrere Jahre, und ich vergaß ihn endlich. Jetzt war ich zwölf Jahre alt, und die Mutter starb uns weg. Eine achtlose Erzieherin und einige Stundenlehrer besorgten meine Ausbildung, während der Vater verschiedenen Liebhabereien lebte und öfter verreiste. Um diese Zeit las ich den Wallenstein von Schiller und verliebte mich unversehens in den Max Piccolomini, dessen Tod mir gewiß so naheging wie der guten Thekla. Des Nachts träumte ich von ihm, und am lichten Tage erfüllte er mir die Welt, ohne daß ich seine Gestalt, seine Gesichtszüge deutlich zu erkennen vermochte. Auf einem Stück Heide unweit der Stadt gab es eine kleine Erderhöhung, von ein paar Holunderbäumen überschattet. Ich nannte den Ort das Grab des Piccolomini und bepflanzte ihn heimlich mit Sinngrün, das ich in meiner Botanisierbüchse aus dem Walde holte. Manches einsame Stündchen saß ich dort und ließ friedlich Theklas Geist an meiner nicht unbehaglichen Trauer teilnehmen. Einst aber, als ich mir besonders lebhaft das Aussehen des jugendlichen Kriegshelden und Liebhabers vorzustellen suchte, sah ich deutlich vor mir die Züge Leodegars, meines scherzhaften Kindergemahls und Verlobten. Sogleich ward ich dem zweihundertjährigen Toten untreu, und meine stille Trauer um ihn verwandelte sich in eine ebenso stille Sehnsucht nach dem Lebenden, und ich zweifelte nicht an seiner Wiederkehr; denn ich merkte, daß er es eigentlich war, der in meinem geheimsten Herzen gelebt hatte. Ein tiefer Ernst bemächtigte sich meiner in allem, was ich tat, im Lernen und Arbeiten, da ich alles auf ihn und sein Wohlgefallen bezog, und ich kann wohl sagen, daß dies wunderlich ernsthafte Wesen mir in meiner damaligen[661] Existenz Vater und Mutter, Lehrer und Führer war, wenigstens das alles einigermaßen ersetzte.

Und ich verschwieg die geheime Triebfeder meiner jungen Tugend unverbrüchlich; nie erwähnte ich derselben mit einem Worte und nannte den Namen so wenig, als wäre er nicht in der Welt. Wurde aber einmal von Leodegar gesprochen, so hörte ich aufmerksam zu und wich nicht vom Orte, solang es dauerte. Eines Tages hörte ich ihn als phantastisch, gewaltsam, rechthaberisch und ehrgeizig schildern in Verbindung mit dem Zugeständnisse, daß er von großen Gaben sei. Weil ich aber den Sprachgebrauch dieser Worte zum Teil aus mangelnder Erfahrung mißverstand, zum Teil aus Widerspruch und Parteilichkeit umkehrte, so nahm ich phantastisch für phantasievoll, gewaltsam für machtvoll; rechthaberisch verwechselte ich mit Recht liebend, und ehrgeizig galt mir so viel wie von Ehre beseelt, als ruhmwürdige Gesinnung. Das Bild wurde daher immer schöner und idealer in meinem Herzen; mit ängstlichem Eifer strebte ich, besser und Leodegars nicht ganz unwert zu werden, und wenn ich Fehler beging, so ruhte ich nicht, bis ich glaubte, sie durch Reue und allerhand kleine gute Werke als gesühnt betrachten zu dürfen.

So erreichte ich den Schluß des fünfzehnten Lebensjahres, der mit Sommers Anfang eintrat, als der Vater eben auf einer größeren Reise begriffen und für Monate abwesend war. Unverhofft erschien um diese Zeit Leodegar in der Heimat, jedoch nur auf ein paar Wochen, während welcher er einigemale in unser Haus kam, worin ich unter der Obhut einer Wirtschafterin und meiner Gouvernante einsam lebte. Jene gehörte zu einer kirchlichen Sekte mit sehr ausgeprägten Lehren und Gebräuchen, und sie verbrachte jede freie Minute mit dem Besuche der Konventikel oder dem Lesen der Traktate. Mein Papa ließ sie gewähren und munterte sie sogar auf, um zu seinem Vergnügen gewisse religionspsychologische Studien an ihr zu machen, und sie merkte natürlich nicht, daß er ihre Reden zergliederte und unter[662] die Rubriken eines Tabellenwerkes verteilte. Die Erzieherin dagegen verwendete alle ihre Tage mit dem Vermehren und Ordnen einer Käfersammlung. Sie stand mit Gelehrten und Naturalienhändlern in Verbindung und sandte fortwährend Schachteln fort. Denn sie verstand, auf zahlreichen Ausflügen den letzten Käfer aus seinem Hinterhalt zu ziehen, und hatte eine seltene Art, die gerade in einem Gehölze unserer Gegend zu finden war, nahezu ausverkauft. Ich kann mich des Namens dieses ausgerotteten Käferstammes nicht mehr entsinnen. Am betrübtesten darüber war ein insektenkundiger Herr Oberlehrer, welcher der handelslustigen Dame den Ort nachgewiesen hatte und sich daher der Mitschuld an dem wissenschaftlichen Raubverfahren, wie er es nannte, anklagte. Übrigens hieß sie Fräulein Hansa. Sie bewunderte und liebte nämlich den Namen Hans über alles, und um seiner teilhaftig zu werden, hatte sie ihn ohne Rücksicht auf Sinn oder Unsinn mit einem a verziert und angenommen.

Unter solchen Umständen, solchen Vorgesetzten, tat ich, was ich wollte, das heißt: niemand sah auf mich. Als ich aber von Leodegars Ankunft hörte, war es, wie wenn ich zu dieser Unabhängigkeit hinzu auf einen Ruck noch ein paar Jahre älter würde. Ich erwartete ihn mit zitterndem Herzen und trat ihm dennoch mit der Haltung einer zwanzigjährigen Person verschämt und feierlich entgegen.

›Alle Welt!‹ rief er überrascht aus, als er meiner ansichtig wurde; ›da darf ich ja nicht mehr von meiner kleinen Frau reden, das gibt bald eine große!‹

Ich aber erblickte ihn jetzt fast mit Entsetzen; denn seine regelmäßigen, aber starken Züge, die schwarzen, in die Stirne fallenden Locken, die großen Augen, die mit kalten Flammen leuchteten, alles sah ich später lange noch, einem gemalten Bilde gleich vor mir; damals aber erschreckte und blendete mich dies zu seinem vollen Ausdruck gelangte Wesen, und der Schrecken diente nur dazu, meine Kinderei auf den Gipfel zu treiben. Ich[663] nahm mich jedoch zusammen; nach einer kurzen Unterhaltung lud ich meinen Seelenfreund auf einen bestimmten Tag gelassen zu Tisch, als ob es nur so sein müßte. Die Wirtschafterin nicht weniger als die Gouvernante erstaunten trotz ihrer gewohnten Zerstreutheit über meine Befehle und Anordnungen, und mein Gebaren verblüffte sie so sehr, daß sie gar keinen Widerspruch erhoben noch Schwierigkeiten machten, als ich dem Speisezettel immer neue Dinge hinzufügte, von denen ich wußte, daß er sie früher liebte.

Ich selber deckte schon in der Morgenfrühe den Tisch mit dem besten Geräte, das die Mutter nur bei seltenen Gelegenheiten einst gebraucht hatte; mit neuer Verwunderung gab Frau Liese, die Wirtschafterin, das Silberzeug heraus. Als dann der Tisch fertig war und in aller Herrlichkeit glänzte, zog ich mein schönstes Kleid an und unterließ nicht, mich mit den kleinen Schätzen zu schmücken, die man meiner Jugend anvertraut hatte. Auch Fräulein Hansa putzte sich auf meine Bitte stattlich heraus; sie rauschte in schwarzer Seide einher, einem Erträgnisse ihrer Käferhandlung, und hatte einen großen ägyptischen Skarabäus vorgesteckt, den ihr der Vater geschenkt. Das Altertum war aus edlem Stein geschnitten, in Gold gefaßt und zu einer Brustnadel verwendet.

Soweit war alles gut und nach meinem Willen vollbracht. Aber nun änderte sich die Sache. Als wir zu dreien am Tische saßen und uns unter der Aufsicht der Frau Liese bedienen ließen, sah ich mich plötzlich auf mein wahres Alter und Zöglingsdasein zurückgewiesen. Ich wußte nichts zu sagen und thronte in meiner Pracht steif und schweigend gleich einer hölzernen Puppe, während die Gouvernante die Unterhaltung führte und Leodegar genug zu tun hatte, ihr zu antworten. Als sie auf eine Bemerkung hin, die er wegen des Skarabäen an sie richtete, die Brosche losmachte und ihm zum Beschauen in die Hand gab, wollte mir das beinah das Herz abdrücken; voll Eifersucht ergriff ich eine Flasche, um nur auch etwas zu tun, und[664] goß dem Gaste in der Verwirrung das Glas so voll, daß es überlief und der rote Wein das Tischtuch befleckte. Fräulein Hansa schenkte mir einen kleinen sehr anständigen Verweis nicht; bündiger machte es die Wirtschafterin, die, ihre geistliche Gelassenheit vergessend, mit einem weißen Tüchlein herbeikam, die Verwüstung bedeckte und einen verdrießlichen Blick nach mir abschoß. Das Wasser trat mir in die Augen; ich wußte nicht, wo ich hinblicken sollte, sah aber dann verstohlen nach Leodegar, der mir lachend und wohlwollen zunickte und seinen alten Scherz erneuerte. ›Ei, gute Lucie‹, sagte er, ›wenn du so ungeschickt bleibst, so können wir uns noch nicht heiraten.‹

Die zwei älteren Personen mochten den Scherz, den sie von früher her kannten, nicht mehr für angemessen halten; denn sie lächelten etwas säuerlich dazu. Ich hingegen wurde rot und fühlte mich nichtsdestoweniger beruhigt, weil das unverhofft verlautende Wort meinen alten kindlichen Glauben an den Ernst und die Wahrhaftigkeit desselben bestätigte.

Nach beendigter Mahlzeit und als auch der Kaffee genommen war, schlug unser Gast vor, einen Spaziergang in das Freie zu machen. Er werde am nächsten Morgen wieder abreisen, sagte er, früher, als er geglaubt, und wisse nicht, ob er so bald wiederkomme.

Mit schrecklicher Beklemmung hörte ich diese Ankündigung; keine größeres Unglück schien es mir in der Welt zu geben als die abermalige unerwartete Trennung. Allein kaum eine halbe Stunde später fühlte ich mich noch zehnmal unglücklicher. Wir gingen durch ein vernachlässigtes Lustgärtchen, dessen schmale holperige Wege sich an einem Hügel im Stadtforste verloren. Leodegar hatte der Erzieherin den Arm gegeben, den sie nun nicht mehr fahrenließ, so daß ich genötigt war, wie ein Hündchen hinter dem Paare dreinzulaufen. Sie achteten nicht einmal darauf, und ich befand mich in meiner fünfzehnjährigen Nichtsnutzigkeit so elend, daß ich zu weinen anfing und mit dem[665] Schnupftuch den Mund verstopfen mußte, um das Schluchzen und Stöhnen nicht laut werden zu lassen. Das paßte nicht gut zu meinem modischen Anzuge, den ich demjenigen erwachsener Damen so ähnlich als möglich gemacht hatte.

Plötzlich aber gab es eine Wendung der Dinge. Fräulein Hansa zog das Fläschchen mit Spiritus, das sie stets bei sich trug, aus der Tasche und tat einen Sprung unter die Bäume, wo sie die langen Fühlhörner eines Käfers aus einer bemoosten Rinde hervorstehen sah. Gleich darauf versank der arme Waldbruder in das Fegefeuer des Fläschchens und zitterte schrecklich, bevor er sich zur Ruhe gab. Diesen sah ich zwar nicht, aber ich kannte das Schauspiel genugsam. Fräulein Hansa aber rief uns zu, wir sollten einstweilen nur weitergehen, sie müsse den Ort genauer untersuchen und werde uns schon einholen.

Jetzt sah sich Leodegar nach mir um und erblickte mich in meinem verzweifelten Zustande, der mich wohl so schlimm dünkte wie die Lage des sterbenden Kerbtierchens. Überrascht ergriff er meine Hand, legte sie in seinen Arm und führte mich weiter, wie er vorher die Gouvernante geführt hatte, indem er sagte: ›Was gibt's denn da? Warum weint man? Eine Braut, eine kleine Frau, die weint, wo soll das hinaus?‹

So kindermäßig das klang, so tröstete mich doch der alte Titel, der mir zukam wie der Platz an der Seite des Mannes, dessen Arm mich doch eher beängstigte als erfreute. Ich antwortete nichts, trocknete die Tränen und brachte das Gesicht in Ordnung. Als wir einhundert Schritte gegangen, erreichten wir den Saum des Gehölzes und betraten die anstoßende Heide, wo wir gleich das Grab des Piccolomini fanden. Das Immergrün, das ich einst gepflanzt, hatte seit drei Jahren den kleinen Hügel dicht übersponnen; die Holunderbüsche waren höher und breiter geworden und mit Blütenbüscheln behangen, und irgend jemand, dem das Plätzchen gefiel, hatte ein hölzernes Bänklein in ihrem Schatten errichtet.[666]

›Hier wollen wir ausruhen und auf das Fräulein warten!‹ sagte Leodegar; ›was ist das für ein lauschiger Winkel, den ich noch nie gesehen?‹

›Es ist ein Grab, wie ich glaube,‹ erwiderte ich in ängstlicher Zerstreuung, brach jedoch meine Rede ab. Mir war zumut, als ob ich wenigstens dreißig Jahre alt wäre und auf weit entlegene Jugendträume zurückblickte. Obgleich es nur der Schatten eines Dichtergebildes war, der hier begraben lag, so empfand ich doch eine Art Furcht vor der Nebenbuhlerschaft der zwei Männer; denn der Lebende schien mir wohl so schön und gewaltig, wie ich mir einst den Toten gedacht. Das Laub der Holunderbäume flüsterte mir unheimlich in die Ohren. Auch hatte ich eines Tages meine Erzieherin in einer Damengesellschaft äußern gehört, daß die Männer es hassen, wenn ihre Frauen von früheren Liebesgeschichten erzählen. Alles das war trotz meinem Hange zur Aufrichtigkeit Grund genug, auf Leodegars Frage, wer denn hier begraben sein solle, stumm wie ein Fisch zu bleiben. Ich zitterte leise vor Beklemmung. Er bemerkte es, nahm mich brüderlich in den Arm, streichelte mir die Backen und fragte, was mir denn sei und warum ich geweint habe?

Da brach ich von neuem in Tränen aus; ich sehnte mich nach Vertrauen, nach Freundschaft und Liebe, nach einer besseren Heimat, als ich besaß, und diese Sehnsucht machte sich jetzt, ohne daß ich daran etwas ändern konnte, mit den wunderlichen Worten Luft:

›Vetter Leodegar! Wann wirst du mich denn heiraten?‹

Er schwieg erst ein Weilchen, wie um sich auf die Antwort zu besinnen. Dann hob er mein Kinn mit einem Finger empor, daß er mein Gesicht sehen konnte, und das seinige hing mit zärtlichen Augen über mir, indessen der Mund seltsam lächelte.

Endlich sagte er: ›Du gutes Mädchen, wenn du erst katholisch bist, wird die Hochzeit sein!‹

›Aber meine Mama ist ja auch nicht protestantisch geworden,‹ sagte ich, ›und der Papa hat sie doch geheiratet.‹[667]

›In diesem Punkt sind dein Papa und ich zwei Dinge!‹ erwiderte er nachdenklich, indem er mich zärtlicher an sich zog und einen Kuß auf meine Stirne zu drücken im Begriffe war. Da hörten wir die Schritte und die Stimme der Erzieherin hinter den Bäumen, und Leodegar ließ mich unwillkürlich frei. Dieses Fahrenlassen kam mir kleinem Ungeheuer zustatten; denn eben sträubte ich mich gegen den Kuß. Dennoch gab es dem Abenteuer in meinem Sinne die Weihe des Geheimnisses; ich wußte nun, daß die Leute nichts von dem Vorgange wissen durften, und hielt denselben um so eher für eine heimliche Verlobung.

Der Spaziergang wurde nun auf breiteren Wegen fortgesetzt; erst nach einigen Minuten lachte Leodegar halblaut vor sich hin, aber nur einen Augenblick, als ob ihm etwas sehr Drolliges einfiele. Sonst ereignete sich nichts Besonderes mehr. Er begleitete uns noch bis vor unsere Haustüre und verabschiedete sich, da er in der Morgenfrühe abreisen wollte. Mir drückte er ernst und gütig die Hand und ermahnte mich, ferner so lieb und gut zu sein und fleißig zu lernen. Ich blickte ihm nach, bis seine hohe Gestalt in der Abenddämmerung verschwand. Dann trat ich in das Haus, während Fräulein Hansa schon oben saß und ihre Jagdbeute musterte.

Frühzeitig ging ich zu Bette, um ungestört weinen und über die ernste Wendung meines jungen Lebens, über die Worte Leodegars nachdenken zu können. Allmählich aber schlief ich ein, erwachte jedoch kurz nach Mitternacht. Da stand ich leise auf und kleidete mich vollständig reisefertig an, worauf ich einen Handkorb mit den notwendigsten Sachen vollpackte, endlich aber auch einen Brief an meine Hausgenossinnen schrieb, worin ich ihnen meldete, ich hätte ein Heimweh nach der Jugendfreundin meiner Mutter, der Nonne, empfunden und sei in das Kloster hinuntergefahren, wo ich einige Zeit, bis der Vater zurückkehre, verweilen werde. Punktum.

Hierauf nahm ich meine Nachtkerze und den Reise- oder vielmehr Marktkorb, schlich mit unhörbaren Schritten in den[668] Flur hinunter, öffnete die hinter Haustüre, die in den Garten führte, und stieg in den dort angebundenen Nachen, den Korb auf dessen Boden setzend. Nach alledem endlich löste ich die Kette, legte das Ruder ein, das ich auch hinausgetragen, und lenkte das Fahrzeug auf die Mitte des sanft im Mondlichte fließenden Stromes hinaus; denn der Mond stand hoch am Himmel, wie es überhaupt die schönste Juninacht war. Am Ufer schlug hüben und drüben hie und da eine Nachtigall, und nie ist die unbesonnene Tat eines Backfisches unter solchen Begleitumständen begangen worden. Ich brauchte allerdings nur dann und wann einmal das Ruder zu rühren, um das Schifflein in der Richte zu halten; allein die Fahrt war immerhin bedenklich genug, da ich unter zwei Brücken hindurchmußte und an einem ihrer Pfeiler scheitern konnte, wenn ich die rechte Mitte verfehlte. Ich fuhr aber frech und träumerisch ohne allen Unfall dahin und lenkte im ersten Morgenscheine in die mir bekannte Bucht ein, wo die Fischerkähne des Klostermüllers unter den hohen Weidenbäumen standen.

Eben läutete das Mettenglöcklein des Klosters; im Chore sangen die Nonnen ihre Frühgebete, während draußen die Amseln, die Finken und andere Vögel ihre Tagelieder erschallen ließen, daß die Luft zu leben schien. Aber auch die Hunde rannten bellend herbei, da ich die Landung mit Geräusch bewerkstelligte, an die Kähne stieß und mit der Kette des meinigen über dieselben hinwegsprang. Glücklicherweise kam einer der Klosterknechte, der sich meiner noch erinnerte, und beschwichtigte die Hunde. Er machte den Kahn fest und trug meinen Korb an die Klosterpforte. Blaß von der Morgenkühle und dem Nachtwachen zog ich die Glocke, mußte aber geraume Zeit warten, bis die Pförtnerin kam und mich nach einem kurzen Verhöre einließ. In der Vorhalle hieß sie mich auf eine Bank sitzen; nicht weniger als der Knecht über mein Erscheinen verblüfft, holte sie die Frau Schwester Klara herbei, die eben aus der Kirche kam. Die gute Tante Klara, wie ich die mütterliche Freundin[669] sonst genannt hatte, war im Begriffe gewesen, nach der Hora noch das übliche Morgenschläfchen zu suchen, und kam nun ganz erschrocken, mich zu sehen, zu fragen, was sich ereignet habe, warum und auf welche Weise ich gekommen sei, und so weiter. Vor allem aber brachte sie mich in ihre Zelle und vernahm mit neuer Verwunderung, doch nicht ohne Rührung, daß ich mich einsam fühle und einige Tage bei ihr weilen möchte. Über meine verwegene Stromfahrt bekreuzigte sie sich. ›Du armes Kind‹, rief sie, ›wacht denn niemand über dich?‹

Doch sogleich holte sie aus ihrem Wandschränklein ein Gläschen duftigen Nonnenlikörs und zwang mich, das wärmende Tränklein mit einem würzigen Zuckerbrote zu mir zu nehmen. Dies geschehen, ruhte sie nicht, bis ich auf ihrem Bette lag und einschlief, während sie sich selbst mit ihrem Gebetbuche auf einen Schemel setzte und dem Aufgang der Sonne entgegensah.

Als die Glocke zur Morgensuppe geläutet wurde, kam sie mich zu wecken; denn sie hatte inzwischen schon mit der Frau Priorin gesprochen und diese darauf befohlen, daß man mich vorläufig in Stille und Ruhe dabehalten solle, bis die Angelegenheit sich abgeklärt habe. Ich frühstückte also mit den Klosterfrauen, von denen fast alle noch die alten waren. Gleich nachher wurde unser Hausdiener gemeldet, welcher nach der Entdeckung meiner Flucht und nach erfolgtem Ratschlag von dem Fräulein Hansa und der Frau Liese mir nachgesandt worden und auf einem Flußdampfer heruntergefahren war. Der treue Mann, der nämliche, der jetzt noch bei uns ist, kannte die Schwester Klara und ihr Verhältnis zu meiner verstorbenen Mutter; als er mich daher in Begleit der Nonne am Sprechgitter erscheinen sah und wahrnahm, daß sich alles in Ordnung befand und ich soweit wohl aufgehoben sei, empfahl er sich bald und ruderte das Schifflein, das mich hergetragen, rüstig flußaufwärts, nachdem er den ihm gereichten Imbiß eingenommen.

Dergestalt blieb ich im Kloster samt dem Plane, den ich im Kopfe barg. Gegen Abend aber erging sich Schwester Klara[670] mit mir im Felde, wie sie vormals mit der Mutter getan, und entlockte mir mit sanftem Andringen die Ursache, die mich auf so unvermutete Weise anhergeführt.

Ich eröffnete ohne Zögern meinen Wunsch, mit ihrer Hilfe und dem Schutze dieses Klosters zur katholischen Religion überzutreten.

Klara erschrak zum zweiten Male über mich und schüttelte den Kopf. Allein an Hingebung und Gehorsam gewöhnt, wagte sie nicht, mein Ansinnen von sich aus zu beantworten; sie begab sich unverweilt zu der Frau Priorin und teilte derselben die wichtige Neuigkeit mit. Die Priorin schüttelte ebenfalls den Kopf, worauf sie in die Propstei hinüberging, um den über das Kloster gesetzten Propst von der Sache zu unterrichten. Er wandelte aber mit seinem Brevier auf seinem Lieblingspfade am Flußufer, und um nichts zu versäumen, watschelte die besorgte Vorsteherin ihm nach, bis sie ihn fand. Er schüttelte seinesteils mitnichten das Haupt, zog vielmehr den Fall in ernstliche Erwägung und entschied sich dahin, daß ich zur Prüfung und Beobachtung einige Tage zu beherbergen sei, indes er den Rat seines Abtes einholte.

Was mich betraf, so verharrte ich auf meinem Vorsatze; höhern Orts wurde überlegt, wie ich die mutmaßliche einzige Erbin des vorhandenen Vermögens, das Kind einer Katholikin sei, welche, durch den ketzerischen Ehemann dem rechten Glauben entzogen, ohne die Tröstungen der Kirche verstorben; wie mein Begehren offenbar eine Fügung sei, deren mögliche Früchte für Stift und Kirche nicht leichthin verscherzt werden dürften.

Nun war ich nach den Landesgesetzen, wenn ich erst ein Jahr älter geworden, berechtigt, nach freier Wahl den Übertritt zu tun, auch gegen des Vaters Willen. Es ward also die Frage gestellt: sollte man dies Jahr verfließen lassen und mich tunlichst unter den Augen behalten, auf die Gefahr hin, daß ich von meinem Entschlusse wieder abfiele – oder sollte man jetzt sogleich[671] meinen Willen tun unter der Bedingung, daß ich den Schritt bis zum Tage meiner konfessionellen Mündigkeit geheimhalte? Und war auf mein Versprechen zu bauen? Das letztere Verfahren wurde dennoch für gut befunden. Für den Fall des verfrühten Kundwerdens gedachte man auf die Aufsichts- und Ratlosigkeit hinzuweisen, in welcher ich gelassen worden sei, und die den ehemaligen Glaubensgenossen der Mutter des Kindes den gewährten Schutz zur einfachen Pflicht gemacht habe.

Solchermaßen wurde denn auch gehandelt. Der Herr Propst selber erteilte mir während zwei Monaten den geistliche Unterricht; dann empfing ich in der Klosterkirche die Taufe. Zwei Konventualen aus dem fernen Mutterstifte, dem der Propst angehörte, und zwei Nonnen, von denen Klara die eine, wohnten als Taufzeugen bei. Nachher wurden die Urkunden aufgesetzt und unterschrieben, und der Propst verwahrte sie einstweilen in seinem Archive. Der Name Lucia wurde mir gelassen.

Ich vermag meine Seelenverfassung während des Unterrichts und der Zeremonie kaum zu beschreiben. Jedenfalls hatte ich dabei ein böses Gewissen und fühlte deutlich, daß ich meinem Vater gegenüber nichts Gutes tat. Außerdem empfand ich eine eisige Kälte im Herzen, die mich auch drückte; nur der Gedanke, daß ich mich jetzt unauflöslich mit Leodegar vereinigt habe und keine Schranke mehr meinem Glücke im Wege stehe, löste die Starrheit der Seele, daß mein Blut wieder etwas Leben gewann. Die Leute nahmen das für religiöse Ergriffenheit; einzig Schwester Klara, die einen tiefern Anteil nahm, wurde weder klar noch ruhig über mein Wesen, und als ich eines Nachmittags bei ihr in der Zelle saß, begann sie mit leisen und vorsichtig gestellten Worten von neuem nach Natur und Art der wahren Grundursache zu forschen, die mein Inneres bewegte. Der mütterlichen Freundin verhehlte ich es nicht länger, und sie vernahm im Verlauf eines Viertelstündchens den unglückseligen kleinen Kindsroman.[672]

Sie schaute mich mit großen Augen an, schlug sie dann tief errötend auf ihre Arbeit nieder, und nach einem Weilchen fiel eine schimmernde Träne darauf. Ich glaubte, die stille fromme Dame schäme sich für mich, da ich es nicht selbst tue; ganz unglücklich kniete ich vor ihren Füßen und weinte auf ihre Hände. Es war mehr die Erinnerung an eigenes Leid, das sie einst in dies Kloster geführt, die sie jetzt bewegte. Sanft richtete sie mich auf und sagte:

›Wir sprechen nicht mehr darüber! Schweig und vergiß, oder mögen dir Gott und seine Heiligen helfen!‹

Wir haben freilich nach Jahren wieder davon geredet; denn sie lebt noch. In jenen Tagen, da ich noch bei ihr weilte, lehrte sie mich zur Zerstreuung dergleichen Bildchen sticken, wie Sie hier eines sehen, und dieses war von ihrer Erfindung. Es soll die himmlische und die irdische Liebe vorstellen, freilich mit weniger Kunst zustande gebracht als jenes berühmte Bild von Tizian. Ich verstand die stumme Mahnung und nähte die beiden Herzen mit der roten Seide auf das Papier; aber ich hielt es mit demjenigen, das zwischen dem Tännchen und dem Rosenstrauch auf dem grünen Rasen stehenblieb. Um die Widersprüche meines Zustandes vollzumachen, seufzte ich nicht einmal ein weniges, da Kinder wohl weinen, aber noch nicht zu seufzen verstehen.

Und doch gab es sofort Ursache genug zu Angst und Sorgen. Das regelmäßige Dampfboot legte beim Kloster an; ich guckte neben der Frau Klara neugierig aus dem Zellenfenster; aber statt einer fremdem Ordensfrau, oder eines Herrn Prälaten-Inspektors oder eines weltlichen Geschäftsmannes sah ich meinen Vater an das Land steigen. Mit seiner Erscheinung fiel mir eine neue Last aufs Herz, und das böse Gewissen verwandelte sich in eine Sorge, die ich noch nie gekannt. Er war früher, als man gedacht, und unversehens von der Reise zurückgekehrt und, als er erfuhr, daß ich seit Monaten im Kloster lebe, über meine Eigenmächtigkeit wie über die fahrlässige Art der Gouvernante und der Wirtschafterin von einem tiefen Unwillen ergriffen worden.[673] Beide entließ er augenblicklich, und sie mußten sogleich aus dem Hause scheiden. Gegen die guten Klosterfrauen verlor er die frühere Duldsamkeit, von der zornigen Furcht befangen, sie möchten mich angelockt und in übler Absicht im Kloster behalten haben. Jetzt ließ er mich hinausrufen, verlor kein Wort und befahl mir, meine Sachen zusammenzupacken und ihn nach Hause zu begleiten. Die Einladung, in der Propstei das Mittagsmahl einzunehmen, lehnte er kurz ab. Auf dem Wege fragte er, ob man Versuche gemacht habe, mich zum Übertritt zu überreden; der Wahrheit gemäß und doch doppelsinnig verneinte ich das; denn nicht nur wegen des gegebenen Versprechens, sondern auch wegen der gefährlichen, so ganz veränderten Stimmung des Vaters wagte ich nicht, das Geschehene zu bekennen.

Jetzt lernte ich auf einmal das Seufzen, da ich, wenn auch nicht ein Verbrechen, doch einen unerlaubten ernsten und auffälligen Schritt zu verhehlen hatte. Als ich in das väterliche Haus trat und die beiden durch meine Schuld verstoßenen Frauen nicht mehr sah, seufzte ich wiederum tief auf und ward der Bitterkeit des Lebens inne.

Ich fand jedoch nicht lange Zeit, nach den Verschwundenen zu fragen. Der Vater hatte in Thüringen eine Art Erziehungs- oder Vollendungsanstalt für größere Mädchen gesehen. Dieselbe wurde in entschieden protestantischem Geiste geleitet, wodurch einer besonderen Klasse der Gesellschaft gedient werden sollte. Und da der Vater stets zu religiösen Experimenten geneigt war, die er an andern Leuten anstellte, wie die Naturforscher an den Fröschen, so dachte er hierdurch am ehesten den Katholizismus auszutreiben, welchen ich im Kloster eingeatmet haben mochte. Demgemäß brachte er mich unverweilt in das Institut und versorgte mich dort fest auf zwei Jahre.

Die strenge lutherische Rechtgläubigkeit, die er vorausgesetzt, war aber in Wirklichkeit gar nicht so weit her. Es handelte sich mehr um gewisse unzukömmliche Einwirkungen, um taktlose[674] oder unschickliche Übungen und Torheiten, die sich heutzutage manche schlecht kontrollierte halb oder einseitig gebildete Lehrerschaften beiderlei Geschlechts erlauben und welche durch ernsthaft und gleichmäßig geschulte Lehrkräfte fernzuhalten man bestrebt war. Das eigentliche Ziel konnte sogar ein recht weltliches genannt werden. Man suchte, da man doch für eine bessere als gewöhnliche Bildung sorgte, die Mädchen vor allerlei Unbescheidenheit, Absprecherei, Verschrobenheit und Unzierlichkeit zu bewahren, um ihnen nicht von vornherein Zukunft und Schicksal zu verderben, sondern ihnen ein unbefangenes Herz für die reifere Erfahrung, einen unbeschädigten Verstand für das in der Welt selbst zu erwerbende Urteil freizuhalten. In diesem Sinne konnte die herrschende Christlichkeit lediglich einem durchsichtigen Glasgefäße verglichen werden, welches den Staub abhielt und das Licht durchließ, ohne selbst vor dem Zerbrechen geschützt zu sein. Vollkommen ist ja nichts in der Welt.

Übrigens traf ich eine Anzahl sehr wohlerzogener, gutartiger Mädchen, alle heitern unschuldigen Herzens, unter welchen die Wahl der vertrauteren Freundinnen schwer gewesen wäre, wenn nicht ganz gleichgültige äußere Eindrücke sie hätten entscheiden können. Es kam auch in der Tat vor, daß einzelne Pärchen scherzweise gefragt wurden, was sie denn aneinander fänden, und es dann lachend hieß, man wisse das eigentlich nicht und sei bereit zu tauschen, wenn jemand wolle. Für mich aber lag noch ein freundliches Glück in dem Umstande, daß fast alle Zöglinge edle und gebildete Mütter besaßen, deren wohlwollende Freundschaft ich mitgenoß, wenn ich in den Ferientagen die eine oder andere Tochter in ihre Heimat begleitete, bald in eine Großstadt, bald auf das Land. Dergleichen Aufenthalte in der Mitte vollzählig blühender Familien mit gutgestimmtem Tone ergänzten in wohltuender Weise meine Lehrjahre, und alles wäre gut und schön gewesen ohne das Geheimnis meines Gewissens.

Denn mit jedem Tage, den ich älter wurde, erkannte ich deutlicher,[675] daß es ganz unmöglich wäre, mich zu entdecken, wenn ich in diesen ruhigen Kreisen, wo nichts verfrüht und nichts gewaltsam gedreht wurde, nicht als ein abenteuerliches bedenkliches Wesen erscheinen wollte. Dieses ewige Verschweigen eines und desselben Geheimnisses, daß ich nämlich katholisch und wie ich es geworden sei, unterschied mich von der ganzen kleinen und großen Welt, in der ich lebte.

Aber im gleichen Maße, in welchem die verschwiegene Last an Schwere wuchs, wurde sie mir auch teurer. Ich hörte nie etwas von Leodegar und wußte nicht, wo er lebte. Weder der Vater noch die Schwester Klara, mit welcher ich Briefe wechselte, erwähnten seiner auch nur ein einziges Mal. Allein ich glaubte fest, daß er eines Tages, wenn die Zeit da sei, kommen und mich und mein Geheimnis befreien werde. Je weiter seine körperliche Gegenwart in meiner Erinnerung zurücktrat, desto heller glänzte er, einem Sterne gleich, mir in der Seele. Das zweite Jahr ging seinem Ende entgegen; ich war stark gewachsen, und mit meinem Geheimnis, in der Vertiefung meiner Gedanken mochte ich zuweilen einer vollständig erwachsenen ernsten Person ähnlich sehen. Zuletzt ging ich nur noch mit den ältesten Mädchen, die sich dem zwanzigsten näherten, wagte aber nicht, mich in die Vertraulichkeiten zu mischen, welche unter diesen Großen doch schon vorkamen, sondern sehnte mich schweigsam nach der Heimkehr. Denn immer fester bildete ich mir ein, daß Leodegar nicht lange nachher eintreffen werde. Diese Hoffnung war auch eine bittere Notwendigkeit für mich: was in aller Welt sollte ich mit meiner Religionsänderung anfangen ohne den, für welchen sie allein unternommen worden?

Mein Vater war in Italien und schrieb mir, er werde mich im Herbst abholen; und da er gute Berichte über mich erhalten, werde er mich zur Belohnung mit nach dem klassischen Lande nehmen, wohin er für den Winter und Frühling zurückzukehren gedenke. Dort würden mir die letzten etwaigen Klostergedanken sicherlich vergehen.[676]

›Daß ich's nicht vergesse,‹ endigte der Brief, ›unsern Vetter Leodegar habe ich ganz zufällig in Rom getroffen. Er ist dort in den Orden der Redemptoristen getreten und läuft in einem schwarzen Habit herum mit einem närrischen Hut und einem Rosenkranz. Es heißt, er wolle es zum Kardinal bringen; ich glaub' es, denn er machte ein sehr durchtriebenes Gesicht, als ich ihn sprach. Es war gewissermaßen der alte Leodegar und doch etwas Neues in ihm, wie wenn seine Augen sagen würden: Kerl, dich wollt ich, wenn ich dich hätte und du mich nicht anbeten würdest!‹

Die Nachricht war nur zu begründet. Fast am gleichen Tage sagte der Institutsvorsteher, als er bei Tisch die Zeitung las, zu mir: ›Da steht, daß ein junger deutscher Liguorianer aus Ihrer Heimat sich in Rom durch seine Predigten berühmt mache. Er trägt sogar den gleichen Familiennamen mit Ihnen! Kennen Sie ihn, Fräulein Lucie? Sie sind aber doch nicht katholisch!‹

Mit tonloser Stimme erklärte ich, von alledem nichts zu wissen, und schenkte mir möglichst gleichgültig ein Glas Wasser ein.

Mein armer Vater holte mich nicht mehr ab. Er hatte sich in den heißen Sommermonaten durch unvorsichtiges Reisen ein Fieber geholt, von dem er nicht genas.

So kehrte ich vollständig verwaist in mein leeres Haus zurück. Da ich für die Vermögensverwaltung noch eines Vormundes bedürftig war, so bat ich meinen Oheim, den Bruder meiner Mutter, darum, der eben in den Ruhestand zu treten beabsichtigte und mir einen Besuch ankündigte. Er übernahm den Liebesdienst mit treuer Sorgfalt. Seither leben wir zusammen und haben vor sieben Jahren schon dies Gut gekauft und bezogen. Nach dem Fräulein Hansa und der Wirtschafterin hatte ich in allen Treuen gesucht, um soviel als möglich die ihnen widerfahrene Unbill gutzumachen. Es gelang mir aber nicht, meinen Wunsch zu erfüllen. Die Erzieherin hatte einen Naturalienhändler geheiratet, mit welchem sie nach Südamerika gereist[677] war. Sie besorgte seine Buchhaltung und speziell den Einkauf der Käfer. Die Frau Liese war Küchenmeisterin in einem großen Krankenhause geworden und bedurfte meiner nicht mehr.

Von der verfrühten törichten Leidenschaft und ihrem Gegenstande erholte ich mich zwar bald, da es mir wie Schuppen von den Augen fiel. Aber ich hatte durch meine Streiche Jugend, Leben und Glück, oder was man dafür hält, mir selbst vor der Nase abgesperrt. Den Übertritt konnte ich nicht rückgängig machen, wenn ich nicht als eine abenteuernde Doppelkonvertitin in das Gerücht kommen wollte. Inzwischen lernte ich mich mit der Idee trösten, daß meine Geschichte mich vor späterem Unheil, Unstern und vor Teufeleien bewahrt habe, die ich ohne diese Erfahrung noch hätte erleben oder anrichten können. Es gibt ja auch Krankheiten, die man den Kindern einimpft, damit sie später davor bewahrt bleiben! Nun aber halten Sie reinen Mund, nicht wahr? Und mischen Sie die Geschichte nicht unter die Beispiele, die Sie etwa anderwärts vorzutragen in die artige Laune geraten, wie Sie hier getan haben!«


»Seien Sie in dieser Hinsicht ganz ruhig«, antwortete Reinhart; »ich gönne mir selber kaum, was Sie mir so gütig anvertrauten. Doch das Gleichnis mit dem Impfen der Kinder kann ich Ihnen nicht gelten lassen. Was Sie erlebt haben, ist wohl zu unterscheiden von der ungehörigen Liebesucht verderbter Kinder und widerfährt nur wenigen bevorzugten Wesen, deren edle angeborene Großmut des Herzens der Zeit ungeduldig, unschuldig und unbewußt vorauseilt. Der naive Kinderglauben an die leichtfertigen Scherzworte des Herrn Kardinals, an welchem Sie so treulich festgehalten haben, gehört zu dieser Großmut, wie ein Taubenflügel zum andern, und mit solchen Flügeln fliegen die Engel unter den Menschen. Beschämt ermesse ich an diesem Beispiele des Guten, wie teilnahmslos mein Leben verlaufen ist, wie inhaltslos, und auf wie leichtsinnige Weise ich sogar vor Ihr Angesicht geraten bin!«[678]

»Sie werden endlich ja wahrhaft artig gegen unsereins«, sagte Lucie; »ich danke Ihnen für das gnädige Urteil.«

Sie atmete leicht auf und fuhr fort: »Sehen Sie, nun bin ich erst ganz von der verwünschten Heimlichkeit befreit. Wie schwierig ist es, einen Beichtvater zu finden, wie man ihn braucht! Aber wollten Sie nicht lesen?«

»Jetzt nicht mehr«, meinte Reinhart; »wer möchte noch lesen! Lieber möchte ich hinaus ins Freie, den Tag entlang, und alle Sorgen von mir tun, das heißt, wollen Sie mithalten?«

»Da haben Sie recht!« lachte Lucie freundlich; »warum sollen wir uns nicht auch einen guten Tag machen? Wir haben's ja in uns, nicht wahr?«

»Was denn?«

»Ich meine das bißchen Kinderdummheit mit den Taubenflügeln, trotzdem wir so große, alte Leute sind! Wissen Sie was, wir gehen durch den Wald nach Althäusern am Flusse hinunter; dort finden wir sogar ein leidliches Mittagessen in der Post, wo wir die Reisenden und die Fuhrleute betrachten können. Und eben fällt mir ein, daß ich alsdann bei dem dortigen Schuhmacher nachsehen kann, ob er meine Wald- und Feldschuhe für den Herbst gemacht hat und ob sie mir passen. Der Meister Schuhmacher ist nämlich der Bräutigam unseres Bärbchens geworden, den man ein wenig zu Ehren ziehen muß.«

Sie schlug eine der grünen Gardinen zurück und rief hinaus: »Bärbchen, hast du etwas auszurichten? Wir gehen spazieren und kommen zu deinem Schuh- und Hochzeitmacher!«

Das angerufene Mädchen kam gelaufen, fragte zuerst, ob es am nächsten Sonntag ausgehen dürfe, und bat nach erhaltener Erlaubnis, dem Geliebten dies anzuzeigen und ihm zu verdeuten, daß er zu Hause bleiben und sie erwarten solle. Sie werde ihm auch die neuen Winterstrümpfe mitbringen.

»Nun haben wir eine Mission als Liebesboten«, rief Lucie, »und dürfen uns sehen lassen!«

Sie machten sich wohlgerüstet auf den Weg und beobachteten[679] aufmerksam alle Merkwürdigkeiten, die ihnen aufstießen: einen Hirschkäfer, der am Fuße eines Baumes saß und fleißig schrotete, so daß er schon ein beträchtliches Häuflein Sägemehl ausgeworfen hatte; einen Eichbaum, der eine schlanke Buche in seinen knorrigen Armen hielt; das vermischte Laub ihrer Kronen flüsterte und zitterte ineinander, und ebenso innig schmiegte sich der glatte Stamm der Buche an den rauhern Eichenstamm. In einem klaren Bache, der durch den Bergwald herunterfloß, kam eine große schöne Schlange geschwommen und warf sich unfern den beiden Lustwandlern aufs Trockene; ein starker Krebs hing an ihrem Halse, vermutlich um sie anzufressen. Reinhart griff die Schlange mit rascher Hand und hob sie empor.

»Halten Sie mir das arme Tier«, sagte er zu Lucien, »damit ich den Quäler abnehmen kann! Fassen Sie nur fest mit beiden Händen, es ist keine Giftschlange!«

Lucie sah ihn etwas furchtsam an; doch traute sie seinen Worten und hielt die Schlange tapfer fest, die sich nicht heftig bewegte. Reinhart drückte den Krebs, bis er seine Scheren auftat, und warf ihn in den Bach. Die Schlange blutete ein wenig. Sie schaute das schöne Fräulein ruhig an, und dieses blickte mit sichtlicher Erregung dem Waldgeheimnis in die nahen Augen. Ihre Scheu völlig bezwingend, legte Lucie das Tier langsam auf die Erde und ließ es sachte entschlüpfen.

»Wie schön es gemustert ist!« rief sie, ihm nachsehend, bis es im Farnkraute verschwand; »und wie froh bin ich, daß ich gelernt habe, die Kreatur in Händen zu halten! Und wie erbaulich ist das kleine Rettungsabenteuer!«

»Ja«, erwiderte Reinhart, »es erfreut uns, in dem allgemeinen Vertilgungskriege das Einzelne für den Augenblick zu schützen, soweit unsere Macht und Laune reicht, während wir gierig mitessen. Aber sehen Sie, die Kreatur scheint diesmal dankbar zu sein und uns das Geleit zu geben!«

Er wies zur Seite des Weges, wo die Schlange wieder zum Vorschein kam und neben ihnen herkriechend, das Paar in der[680] Tat eine Strecke weit begleitete, bald im Gesträuche verborgen, bald sichtbar. Zuletzt hielt sie still, richtete sich in die Höhe und drehte sanft den kleinen platten Kopf hin und her.

Lucie schaute wortlos, aber mit wogendem Busen hin, und erst, als die Erscheinung aus den Augen war, rief sie: »Ach, von dieser schönen Schlange wünschte ich zu träumen, wenn ich einmal traurige Tage hätte. Gewiß würde mich der Traum beglücken!«

Sich alle Zeit gönnend, gelangten sie um Mittag in das Dorf, gingen in die Wirtschaft zur Post und ließen sich Suppe und die übrigen einfachen Gerichte geben, die dort üblich waren. Gleich bescheidenen Reisenden oder Hausierern, die sich vorsehen müssen, fragten sie bei jeder Schüssel vorher um den Preis und trieben noch andere Kurzweil von ähnlichem Gehalte. Dann erinnerten sie sich des Schuhmachers und suchten ihn auf. Sie fanden das kleine Haus etwas abseits unter einem Nußbaume und die Wand an der Sonnenseite von einem Birnenspaliere bedeckt, jedoch nur zum Teil; der andere Teil war eine Weinrebe, so daß die ganze Wand mit reifen Birnen und blau werdenden Trauben behangen war.

»Das ist nicht übel«, sagten sie, »das Bärbelchen hat sich ein sehr behagliches Nest ausgesucht!«

Was ihnen aber noch mehr auffiel, war der Gesang einer schönen Stimme, welche durch das offen Fenster ertönte im allerseltsamsten Rhythmus. Da sich auf der entgegengesetzten Seite ebenfalls ein Fenster befand, war das Innere der Stube ganz hell und durchsichtig, und sie standen im Schatten des Baumes einige Zeit still und schauten hinein. Der junge Meister, der noch allein arbeitete, war eben im Anfertigen eines neuen Vorrates von Pechdraht begriffen. An einem Haken über dem jenseitigen Fenster hatte er die langen Fäden von Hanfgarn aufgehängt, welche durch die ganze Stube reichten, und schritt nun, die eine Hand mit einem Stücke Pech, die andere mit einem Stücke Leder bewehrt, rück- und wieder vorwärts Garn und[681] Stube entlang, strich das Garn und drehte oder zwirnte es auf dem einen Knie in kühner Stellung kräftig zum haltbaren Drahte und sang dazu ein Lied. Es war nichts Minderes, als Goethes bekanntes Jugendliedchen »Mit einem gemalten Bande«, welches zu jener Zeit noch in ältern, auf Löschpapier gedruckten Liederbüchlein für Handwerksburschen statt der jetzt üblichen Arbeitermarseillaisen und dergleichen zu finden war und das er auf der Wanderschaft gelernt hatte. Er sang es nach einer sehr gefühlvollen altväterischen Melodie mit volksmäßigen Verzierungen, die sich aber natürlich rhythmisch seinem Vor- und Rückwärtsschreiten anschmiegen mußten und von den Bewegungen der Arbeit vielfach gehemmt oder übereilt wurden. Dazu sang er in einem verdorbenen Dialekte, was die Leistung noch drolliger machte. Allein die unverwüstliche Seele des Liedes und die frische Stimme, die Stille des Nachmittages und das verliebte Gemüt des einsam arbeitenden Meisters bewirkten das Gegenteil eines lächerlichen Eindruckes.

Wenn er mit leichten Schritten begann:


Kleine Blumen, kleine Blätter – ja Blätter

Streien wir mit leichter Hand,

Gude junge Frihlings-Gädder – ja Gädder

Tändeln auf ein luftig Band,


bei dem luftigen Bande aber durch einen Knoten im Garn aufgehalten wurde und dasselbe daher um eine ganze Note verlängern und zuletzt doch wiederholen mußte, so war die unbekümmerte und unbewußte Treuherzigkeit, womit es geschah, mehr rührend als komisch. Die Strophe:


Zephir, nimm's auf deine Flügel,

Schling's um meiner Liebsten Kleid;

Und so tritt sie vor den Spiegel

All in ihrer Munterkeit,


gelang ohne Anstoß, ebenso die folgende:
[682]

Sieht mit Rosen sich umgeben,

Selbst wie eine Rose jung,

Einen Blick, geliebtes Leben!

Und ich bin belohnt genung.


Nur schien ihm das »genung« nicht in der Ordnung zu sein, und er sang daher verbessernd:


Einen Blick, geliebtes Leben!

Und ich bin belohnt genuch.


Reinhart und Lucie blickten sich unwillkürlich an. Der Sänger im kleinen Hause schien für sie mitzusingen, trotz jenes abscheulichen Idioms. Welch ein Frieden und welch herzliche Zuversicht oder Lebenshoffnung pulsierten in diesen Sangeswellen! Am jenseitigen Fenster stand ein mit Grün behangener Vogelkäfig. Nun kam aber die letzte Strophe. Fihle, sang er,


Fihle, was dies Herz empfindet – ja pfindet,

Reiche frei mir deine Hand,

Und das Band, das uns verbindet – ja bindet,

Sei kein schwaches Rosenband!


Weil der Draht noch nicht ganz fertig war, sang er diese Strophe mehrmals durch, immer heller und schöner, mit dem Rücken gegen die Lauscher draußen gewendet; im Bewußtsein der nahen Glückserfüllung wiederholte er das


Reiche frei mir deine Hand


besonders kraftvoll und ließ dann im höchsten Gefühle die geschleiften Noten steigen:


Und das Band, das uns verbindet,

Sei kein schwaches Rosenband!


Da ein paar Kanarienvögel mit ihrem schmetternden Gesange immer lauter dreinlärmte, war eine Art von Tumult in der Stube, von welchem hingerissen Lucie und Reinhart sich[683] küßten. Lucie hatte die Augen voll Wasser, und doch lachte sie, indem sie purpurrot wurde von einem lange entbehrten und verschmähten Gefühle, und Reinhart sah deutlich, wie die schöne Glut sich in dem weißen Gesichte verbreitete.

Es war ihnen unmöglich, jetzt in das Häuschen hineinzugehen; ungesehen, wie sie gekommen, begaben sie sich hinweg, und erst als sie wieder die Waldwege betreten hatten, stand Lucie still und rief:

»Bei Gott, jetzt haben wir doch ihr schlimmes Rezept von dem alten Logau ausgeführt! Denn daß es mich gelächert hat, weiß ich, und rot werde ich hoffentlich auch geworden sein. Ich fühle jetzt noch ein heißes Gesicht!«

»Freilich bist du rot geworden, teure Lux«, sagte Reinhart, »wie eine Morgenröte im Sommer! Aber auch ich habe wahrhaftig nicht an das Epigramm gedacht, und nun ist es doch gelungen! Willst du mir deine Hand geben?«

So kam es, daß am Abend, als die Alten nach Hause kehrten, Lucie schon vor ihrem Oheim auf du und du mit Reinhart stand. Alle waren zufrieden mit der Verlobung, und Lucie mit dem Schuhmacher so sehr, daß sie Bärbel am andern Tage selbst hingehen ließ, ihm die vergessene Botschaft zu bringen.

Reinhart nannte später seine schöne Frau, wie der Oheim, nur Lux und, indem er das Wortspiel fortsetzte, die Zeit, da er sie noch nicht gekannt hatte – ante lucem, vor Tagesanbruch.

Quelle:
Gottfried Keller: Sämtliche Werke in acht Bänden, Band 7, Berlin 1958–1961, S. 650-684.
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Große Erzählungen der Frühromantik

1799 schreibt Novalis seinen Heinrich von Ofterdingen und schafft mit der blauen Blume, nach der der Jüngling sich sehnt, das Symbol einer der wirkungsmächtigsten Epochen unseres Kulturkreises. Ricarda Huch wird dazu viel später bemerken: »Die blaue Blume ist aber das, was jeder sucht, ohne es selbst zu wissen, nenne man es nun Gott, Ewigkeit oder Liebe.« Diese und fünf weitere große Erzählungen der Frühromantik hat Michael Holzinger für diese Leseausgabe ausgewählt.

396 Seiten, 19.80 Euro

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