Zweiter Auftritt

[180] Der Rheingraf vom Stein und Friedrich von Herrnstadt treten auf, ihnen folgt: Jakob Pech, der Gastwirt. Gefolge von Knechten.


RHEINGRAF zu dem Gefolge. Laßt die Pferde absatteln! Stellt Wachen aus, auf dreihundert Schritt um die Herberge, und laßt jeden ein, niemand aus! Füttert und bleibt in den Ställen, und zeigt euch, so wenig es sein kann; wenn Eginhardt mit Kundschaft aus der Thurneck zurückkommt, geb ich euch meine weitern Befehle.


Das Gefolge ab.


Wer wohnt hier?

JAKOB PECH. Halten zu Gnaden, ich und meine Frau, gestrenger Herr.

RHEINGRAF. Und hier?

JAKOB PECH. Vieh.

RHEINGRAF. Wie?

JAKOB PECH. Vieh. – Eine Sau mit ihrem Wurf, halten zu Gnaden; es ist ein Schweinstall, von Latten draußen angebaut.[180]

RHEINGRAF. Gut. – Wer wohnt hier?

JAKOB PECH. Wo?

RHEINGRAF. Hinter dieser dritten Tür?

JAKOB PECH. Niemand, halten zu Gnaden.

RHEINGRAF. Niemand?

JAKOB PECH. Niemand, gestrenger Herr, gewiß und wahrhaftig. Oder vielmehr jedermann. Es geht wieder aufs offne Feld hinaus.

RHEINGRAF. Gut. – Wie heißest du?

JAKOB PECH. Jakob Pech.

RHEINGRAF. Tritt ab, Jakob Pech. – Der Gastwirt ab.

RHEINGRAF. Ich will mich hier, wie die Spinne, zusammenknäueln, daß ich aussehe, wie ein Häuflein argloser Staub; und wenn sie im Netz sitzt, diese Kunigunde, über sie herfahren – den Stachel der Rache tief eindrücken in ihre treulose Brust: töten, töten, töten, und ihr Gerippe, als das Monument einer Erzbuhlerin, in dem Gebälke der Steinburg aufbewahren!

FRIEDRICH. Ruhig, ruhig Albrecht! Eginhardt, den du nach Thurneck gesandt hast, ist noch, mit der Bestätigung dessen, was du argwohnst, nicht zurück.

RHEINGRAF. Da hast du recht, Freund; Eginhardt ist noch nicht zurück. Zwar in dem Zettel, den mir die Bübin schrieb, steht: ihre Empfehlung voran; es sei nicht nötig, daß ich mich fürder um sie bemühe; Stauffen sei ihr von dem Grafen vom Strahl, auf dem Wege freundlicher Vermittlung, abgetreten. Bei meiner unsterblichen Seele, hat dies irgendeinen Zusammenhang, der rechtschaffen ist: so will ich es hinunterschlucken, und die Kriegsrüstung, die ich für sie gemacht, wieder auseinandergehen lassen. Doch wenn Eginhardt kommt und mir sagt, was mir das Gerüchte schon gesteckt, daß sie ihm mit ihrer Hand verlobt ist: so will ich meine Artigkeit, wie ein Taschenmesser, zusammenlegen, und ihr die Kriegskosten wieder abjagen: müßt ich sie umkehren, und ihr den Betrag hellerweise aus den Taschen herausschütteln.[181]


Quelle:
Heinrich von Kleist: Werke und Briefe in vier Bänden. Band 2, Berlin und Weimar 1978, S. 180-182.
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