Letzte Szene


[939] Gesandter auf einem Acker grabend. Zwei Kinder, in der Furche spielend. Franz an einem Baum. Fränzchen neben ihm.


FRANZ. Hast du mich ganz vergessen, Minna? ich denk deiner immer noch, vergessen von dir und aller Welt: O der böse Bube!


Pfropft einen Baum.


FRÄNZCHEN. Was machst du an dem Baum?

FRANZ. Ich schneid ein Reischen ein, ich nahm's vom Birnbaum dort.

FRÄNZCHEN. Die Birn schmecken gut.

FRANZ. Mit der Zeit trägt dieser auch die Birnen.

FRÄNZCHEN. Die nämliche? das ist schön! Das tut das Reischen?

FRANZ. Ja, Fränzchen, das kleine Reischen schlägt an, wächst hinein, zieht Kraft vom Baum, und wird groß. Denn dauert's eine Weile, und denn haben wir viel von den Birnen. Red mit deinem Vater, Fränzchen! sag, warum er so still wäre?

FRÄNZCHEN läuft hinüber. Lieber Papa, warum reden Sie heut nichts?

GESANDTER. Beim Abendbrot will ich viel reden, Fränzchen.

FRÄNZCHEN. Sie könnten aber auch jetzt mit uns reden. Den Abend erzählen Sie uns wieder von der lieben Mama?

GESANDTER. Ja, Fränzchen.

FRANZ. Was ist dir, Bruder?

GESANDTER. Mir ist's ganz wohl. Was kann uns fehlen? wir haben alles.

FRANZ. Sie haben uns eine Last abgenommen, da sie uns Vermögen und Ehrenstellen nahmen. Bruder, wir leben uns.

GESANDTER. Ja wir leben uns.

FRANZ. Wenn du nur gesund wärst!

GESANDTER. Das ändert sich schon. Ach! meine Liebe über den Sternen!

FRANZ. Ach! nun bald ein Jahr, Bruder.

GESANDTER. Wird's ein Jahr, und ich lebe noch, wandle ich an dem Tag an ihr heiliges Grab, das alle Jahr, solang meine Wallfahrt hier noch dauert! Ach meine Liebe über den Sternen!

Quelle:
Sturm und Drang. Band 2, München 1971, S. 939.
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