Wonna

[75] Am Bundesaltar.


1777.


Der Altar glänzt. Aus gold'ner Opferschale

Glüht Blut des Mittlers purpurroth –

Da tritt die Herrliche einher zum Hochzeitmahle,

Von Inbrunstschauer wechselnd bleich und roth.


Sei mir gegrüßt in deinem Brautgewande,

Im heil'gen Schmuck der Mitternacht!

Du bist so schön, du strahlst aus deinem Ernstgewande,

So wie ein Stern aus dunkler Wolkennacht.


Was aber bebst du, Heilige, was wanken

Die Schritte dir! Du vielgeliebte Braut

Des Herrn – und meine Braut!! – O, bei dem Wonngedanken

Schlägt hoch mein Herz empor und wonnelaut.
[76]

Erbebe nicht. Aus gold'ner Opferschale

Winkt dir des Mittlers Bundesblut,

Und strömt herab auf dich vom hohen Todespfahle,

Versöhnung und unsterblich's Guts.


Erbebe nicht. Tritt hin zum Stuhl der Gnaden,

Und fei'r' den neuen Seelenbund.

Dein Engel fei'rt ihn auch, und macht den Myriaden

Am Thron die neue Schwester kund. – –


Der Altar glänzt. Des Engels Strahlenschwinge

Umrauscht den Altar um und um.

Ihm glüht vom Prophezei'n sein Antlitz. Hohe Dinge

Verkünd't er dir und Evangelium.


Von Gottes Stuhl, von Christi Todeshöhe,

Und von des Geist Krystallstrom, Fried' und Heil

Herab auf dich! Getilgt sei Sünd' und Sünderwehe,

Und Gottes Gnade sei dein Theil!
[77]

Heil dir! du bist dem Herrn und Sions Lamme

Mit Blut und Thränen angetraut.

Dein Beten stieg hinauf vor Gott wie Weihrauch-Flamme,

Und Christus grüßete dich, Braut!!


So halt ihm denn, was du ihm heut' geschworen,

Und freue dich der Seligkeit

Im Arm des Jünglinges, den du dir auserkoren,

Und den ich, dich zu lieben, eingeweiht.


Mit ihm geh, Hand mit Hand, und Geist mit Geist, verbunden,

Dein Leben durch. Und kämpft und glaubt!

In Eden ist euch schon ein frischer Kranz gewunden,

Wenn euch den irdischen der Todesengel raubt!


Quelle:
Ludwig Gotthard Kosegarten: Dichtungen. Band 6, Greifswald 1824, S. 75-78.
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