Zehnte Szene

[445] Olmers – Vorige.


OLMERS. Verzeihen Sie der Ungeduld der Liebe, die mich rastlos umhertreibt. Ich sehe Sie versammelt. Vielleicht ist mein Schicksal schon entschieden. Darf ich mir schmeicheln bald mit in diesen Kreis zu gehören?

BÜRGERMEISTER verwirrt und umständlich. Ja – ja – Se. Exzellenz der Herr Minister haben dieselben allerdings so dringend empfohlen – wenn auch gewisse Wünsche nicht gerade angebrachtermaßen –

FRAU STAAR. So gäb' es denn doch noch Mittel –

HERR STAAR. Mit einigen Modifikationen –

FRAU BRENDEL. Ach ich bitte! schweigen Sie.

FRAU MORGENROTH. Die Familie ist, dem Himmel sei Dank, groß –

FRAU BRENDEL. Sie machen, daß ich glühe.

OLMERS. Was soll ich aus diesen abgebrochenen Sätzen schließen? Ich bitte, Herr Bürgermeister, erklären Sie sich deutlich.

BÜRGERMEISTER. Meine Frau Mutter ist das Haupt der Familie, ihr kömmt es zu das Wort zu führen.


Ab.


OLMERS. Von Ihren Lippen, Madam, erwart' ich also den Ausspruch.


Frau Staar nießt.


ALLE außer Olmers. Zur Gesundheit! Gott stärke Sie!

FRAU STAAR beiseite. Nicht einmal Prosit sagt der Unmensch. Laut. Nein, mein Herr, die Madam hat hier nichts auszusprechen. Rede du mein Sohn, du kennst meine Gedanken.


Ab.
[445]

OLMERS. O geschwind, mein Herr, lassen Sie mich nicht länger in dieser marternden Ungewißheit.

HERR STAAR. Eine delikate Sache. Heiraten und Nähnadeln müssen die Frauenzimmer einfädeln. Bitte daher, sich an die Frau Muhme zu halten.


Ab.


OLMERS. Sie also meine Damen?

FRAU MORGENROTH. Das Herz eines Jünglings, mein Herr, weiß nicht immer was es wünscht. Oft wähnt es sich fern vom Ziele, indessen Amor durch einen glücklichen Tausch, es zu beseligen im Begriff steht.

OLMERS. Was soll das heißen?

FRAU MORGENROTH. Fragen Sie nur die Frau Gevatterin.


Ab.


OLMERS. Werden Sie mir endlich diese Rätsel lösen?

FRAU BRENDEL minaudierend. Die Familie hat Absichten – Sie glaubt Ihnen Ersatz schuldig zu sein – man tut Vorschläge – man entwirft Pläne – aber Sie fühlen wohl, mein Herr, daß es unschicklich wäre, wenn eine junge Frau sich auf etwas einlassen wollte, die erst seit zehn Monaten Witwe ist. Ab.


Quelle:
August von Kotzebue: Schauspiele. Frankfurt a.M. 1972, S. 445-446.
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