1.

[180] Håkelberg oder Håkelnberg ist Oberjägermeister in Braunschweig gewesen und hat häufig im Harze gejagt. So geht er auch einmal zu einer großen Jagd nach Harzburg, da träumt ihm in der Nacht, ein gewaltiger Kempe komme auf ihn los und gehe ihm so grausam mit seinen Hauern zu Leibe, daß er zu Tode komme. Andern Tages, als seine Jagdgenoßen ankommen, erzählt er ihnen den Traum und sie rathen ihm, nicht mitzujagen; er folgt auch ihrem Rath und bleibt zu Haus. Wie sie nun Abends heimkommen, haben sie einen gewaltigen Kempen erlegt, den führen sie auf einem Karren heim; der Håkelberg kommt heraus und besieht das Thier, das grade wie das im Traum gesehene anzuschauen ist; er will es recht genau besehen, faßt es bei den Ohren und zieht den Kopf in die Höhe, aber er mag ihn wohl nicht fest genug gepackt haben, er entgleitet ihm und dabei fährt ihm der große Hauer ins Bein und verwundet ihn. Håkelberg achtet der Wunde aber nicht und sagt: »wenn ich durch solche Schramme zu Tode kommen sollte, so wollte ich ja lieber ewig jagen.« Allein die Wunde[180] wurde bald schlimmer und er eilte nun zurück nach Braunschweig, kam aber nur bis zum Klipperkrug, der im Steinfelde bei Wülperode liegt, da legte er sich hin und starb. Seine Sturmhaube, sowie die eiserne Kopfbedeckung seines Maulthiers werden dort noch gezeigt. Im Garten des Wirthshauses, der ehedem ein Kirchhof gewesen ist, liegt sein Grabstein, auf dem ein Ritter auf einem Maulthier, mit fliegendem kurzen Mantel und hohem Halskragen, eine Reitgerte in der Hand, abgebildet ist; neben ihm her laufen zwei kleine Hunde. Auf dem Rande des länglich viereckigen Steins ist eine nur theilweis noch lesbare Inschrift, welche lautet – domini 1581 den 13. Martii –. Seit der Zeit nun jagt Håkelberg, gefolgt von vielen kleinen Hunden, den Harz hinauf und hinunter. Andre sagen, besonders mit zwei großen Leithunden, die er an langen Riemen führe, sehe man ihn zu Roß dahin brausen, und man erzählt auch, da er so große Lust an der Jagd gehabt, habe er gebeten, für sein Theil Seligkeit ewig jagen zu dürfen.

Quelle:
Adalbert Kuhn / W. Schwartz: Norddeutsche Sagen, Märchen und Gebräuche aus Meklenburg, Pommern, der Mark, Sachsen, Thüringen, Braunschweig, Hannover, Oldenburg und Westfalen. Leipzig 1848, S. 180-181.
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