312. Graf Anton Günther von Oldenburg.

Mündlich von einem Oldenburger Bürger.

[278] Graf Anton Günther von Oldenburg ist ein für sein Land sehr thätiger Herr gewesen, der auch zuerst die Pferdezucht im Oldenburgischen so in die Höhe gebracht hat, daß die Oldenburger auf allen Märkten weit und[278] breit die besten Pferde gehabt haben. Aber zu dem Zweck hat er auch keine Kosten gescheut und hat sich einen prächtigen Hengst aus Persia kommen laßen, deßen Mähne sechs und der Schweif neun Fuß lang war, so daß man beide stets, damit sie nicht kothig wurden, säuberlich aufwickeln mußte. – Den Bürgern in der Stadt Oldenburg hat er viele Freiheiten verliehen und manchem für Dienste, die er ihm geleistet, volle Abgabenfreiheit gewährt und diese Freiheit ist noch bis auf diesen Tag bei vielen Häusern. Aber auch auf dem platten Lande hat er dasselbe gethan, und so hat er zum Beispiel siebenundzwanzig Zwischenahner Bauern das ganze Zwischenahner Meer für 1 Thaler 27 Grote, die jeder von ihnen jährlich zahlen muß, verpachtet. Alljährlich hat er auch zweimal in Zwischenahn Gerichtstag gehalten und dies ist auf dem Hofe des Bauers Hemptje geschehen, der davon noch bis heute Abgabenfreiheit hat. Außer diesem Hemptje hat er noch zwei Beisitzer des Gerichts gehabt, deren einer in Ellerndorf, der andere in Quernstedt seinen Wohnsitz hatte, und mit diesen hat er sämmtliche Streitigkeiten an den zwei Tagen im Jahr geschlichtet, während man jetzt kaum mit drei Gerichtstagen in der Woche auskommt.

Quelle:
Adalbert Kuhn / W. Schwartz: Norddeutsche Sagen, Märchen und Gebräuche aus Meklenburg, Pommern, der Mark, Sachsen, Thüringen, Braunschweig, Hannover, Oldenburg und Westfalen. Leipzig 1848, S. 278-279.
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