65.

[384] In einigen Dörfern Thüringens, z.B. in Tilleda und einigen andern Orten der Umgegend des Kyffhäusers wurde oder wird noch zu Pfingsten ein Maikönig gemacht. Man baut ein Holzgestell, in dem ein Mensch stehen kann, umwickelt dies ganz mit Birkenbüschen und setzt der so gebildeten Figur eine Krone von Birken und Blumen auf, in welcher zugleich eine Klingel befestigt wird. In einem nahen Gehölz wird dann einer hineingesteckt, und nun versteckt man ihn im Busch; danach ziehen die übrigen hinaus und suchen ihn, und wenn sie ihn gefunden haben, geht's zurück in's Dorf zum Amtmann, Prediger und anderen. Diese müßen rathen, wer drin sei; rathen sie nun falsch, so schüttelt der Maikönig, daß die Klingel tönt, und man zieht weiter; für das Nichterrathen wird aber ein Eimer Bier oder dem ähnliches als Strafe gegeben. Wird richtig gerathen, so pflegt er auch wol zu klingeln, damit man noch weiter ziehn könne – In Udenbach bei Apolda machte man sonst ebenfalls einen Maikönig, der wurde aber in Stroh eingekleidet. – In Sachsenburg und der Umgegend wird der Maikönig gewöhnlich um Marien gemacht; man kleidet ihn im Walde in Birken, setzt ihn auf ein Pferd und zieht so ins Dorf, wo gerathen wird.

Quelle:
Adalbert Kuhn / W. Schwartz: Norddeutsche Sagen, Märchen und Gebräuche aus Meklenburg, Pommern, der Mark, Sachsen, Thüringen, Braunschweig, Hannover, Oldenburg und Westfalen. Leipzig 1848, S. 384.
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