134. Die weißen Junfern bei Recklinghausen.

Ein Bauer aus Hillen erzählte:

[120] In dem Bruche bei Recklinghausen, durch welches die Helbeke fließt, liegt eine Stelle, welche »auf der Junfernheide« heißt; dort hat man schon oft eine weiße Junfer gesehen, und mancher, der ihr hat aus dem Wege gehen wollen, ist in frühern Zeiten dadurch[120] in den Sumpf gerathen. Diese Junfer soll bei ihren Lebzeiten in einem Winkel (Laden) geseßen, und häufig den Kindern zu wenig fürs Geld gegeben (to kort dån) haben; darum läßt's ihr nun keine Ruhe im Grabe.

In Recklinghausen erzählt man von mehreren Junfern, die sich an der genannten Stelle um Mitternacht zeigen, und daß schon mancher Wanderer, der nachts durch das Bruch ging, ihren Ruf: hu–up! hu–up! gehört, und wem das geschehen, der ist sicher verirrt.


Vgl. unten Nr. 238. Wer falsches Maß und Gewicht gibt, muß nach seinem Tode umgehen; Wolf, Heßische Sagen, Nr. 158; Stöber, Elsäßische Sagen, Nr. 137; Rochholz, I, 381, Nr. 123, 220; falsches Maß und Gewicht kommt vors Gericht; Leoprechting, S. 73; Pröhle, Oberharzsagen, S. 150 m.d. Anm. Zu dem Rufe hu–up! vgl. den Ruf der Schloßfrau huk up! huk af! bei Pröhle, Oberharzsagen, S. 120.

Quelle:
Adalbert Kuhn: Sagen, Gebräuche und Märchen aus Westfalen und einigen andern, besonders den angrenzenden Gegenden Norddeutschlands 1–2. Band 1, Leipzig 1859, S. 120-121.
Lizenz:
Kategorien:
Ausgewählte Ausgaben von
Sagen, Gebräuche und Märchen aus Westfalen
Norddeutsche Sagen, Märchen und Gebräuche: aus Meklenburg, Pommern, der Mark, Sachsen, Thüringen, Braunschweig, Hannover, Oldenburg und Westfalen.