332. Nachtmårte gefangen.

[286] Ein alter Mann aus Hagenburg am Steinhudersee sagte: »De nachtmårte dat sin dei lorke, dei de håre ôber de ôgen tosâmen wassen sin un dei dåge slåpet un nacht wåket un de lüe plåget.«

Ein Bauer hat einmal im Kuhstall gelegen, um zu schlafen, da hat er eine Nachtmårte gefangen, die ist ein schönes Mädchen gewesen, welches übers Meer gekommen war. Die hat er denn gefreit und auch zwei Kinder mit ihr gezeugt, als er aber lange Zeit glücklich mit ihr gelebt hatte und wieder einmal mit ihr im Kuhstall war, zeigte er ihr das Loch, wo sie damals[286] hineingekommen war, aber kaum hatte er den Pflock herausgezogen, so ruft sie: »Ich höre die Glocken läuten in Engelland« und ist verschwunden; allsonntäglich jedoch haben reine Hemden für Mann und Kinder dagelegen.


Vgl. oben Nr. 247; Gebräuche: Alp, Mahre, Nr. 57. Der an beiden Stellen von der Mårte gebrauchte Ausdruck lork, d.i. Frosch, Kröte, ist bemerkenswerth; auch bei den Wenden gelten die mit zusammengewachsenen Brauen für Murrauen; vgl. Norddeutsche Sagen, Gebräuche, Nr. 193 mit der Anm., aber auch Schambach u. Müller, Anm. zu Nr. 245. Zu der sehr allgemein verbreiteten Sage vgl. noch Norddeutsche Sagen, Nr. 16, 102 m.d. Anm.

Quelle:
Adalbert Kuhn: Sagen, Gebräuche und Märchen aus Westfalen und einigen andern, besonders den angrenzenden Gegenden Norddeutschlands 1–2. Band 1, Leipzig 1859, S. 286-287.
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