392. Weiße Frau auf dem Eberstein.

Mündlich.

[353] Bei Bevern an der Weser liegt der Eberstein; auf dem läßt sich zu Zeiten eine weiße Frau sehen, die erlöst[353] sein will. Einer ist ihr einmal in den Berg hinein gefolgt, da ist's herrlich und prächtig gewesen, und ein großer goldener Tisch hat mitten im Zimmer gestanden. Die weiße Frau hat ihm aber gesagt, wenn er sie erlösen wolle, solle er am folgenden Tage wiederkommen; er dürfe sich aber vor nichts scheuen. Das hat er denn auch versprochen und ist am folgenden Morgen wieder hingegangen; aber es muß doch wol so etwas Grauenhaftes erschienen sein, vor dem er sich gescheut hat, denn er hat sie nicht erlösen können. Ehe er aber den Berg wieder verlaßen hat, ist ihm die Jungfrau noch einmal in ihrer wirklichen Gestalt erschienen und hat gesagt, nun müße erst wieder eine Eiche gepflanzt und etwas daraus gemacht werden (was? wußte der Erzähler nicht), bis wieder einer kommen könne, sie zu erlösen.

So erzählte der alte Gänsehirt zu Bevern, der Wirth an der Barre der Straße sagte aber, sie habe gerufen, nun könne erst wieder nach hundert Jahren einer kommen, sie zu erlösen; derselbe sagte auch, die Junfer habe Junfer Dennemarken geheißen.


Vgl. Nr. 12, 276, 383; über die zu pflanzende Eiche u.s.w. vgl. die Anmerkung zu Nr. 276. Wenn die Burg Eberstein, welche bei Schambach u. Müller, Nr. 112, vorkommt, dieselbe ist wie die unsere, so würde sich noch eine andere Version an unsere Sage anreihen.

Quelle:
Adalbert Kuhn: Sagen, Gebräuche und Märchen aus Westfalen und einigen andern, besonders den angrenzenden Gegenden Norddeutschlands 1–2. Band 1, Leipzig 1859, S. 353-354.
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