41a. Dat märwiif to Icker.

Mittheilungen des Historischen Vereins zu Osnabrück, 1848, S. 257. Aufgezeichnet von A. Breusing.

[54] Uppen kolke to Icker swemmt innen grönen water ene insel met böme unne gress bewassen. Innen water lieved märwiver un de vergnöget sik met ähren jungen upper insel un annen over. Dichte by'n kolke liggt de stye Hanfeild un de völker van dor gauet eenes dages up de wisch annen water, doa fanget se en jung sau ruff uppen ganssen[54] lieve asse en rüe. Dat niemet se met nau huus un legget et unner de füürbank, un dort ligt et den ganssen dag. As et auber nacht werd, kümmt dat aule märwiif, rögt ähr kiind un soght et dür dat hack un seggt jümmer: »Sogh myn kinneken sogh!« Sau maket se et alle nachte. Aos nu dat kiind grötter wert, loibet de buuren, se wollen der möer enen gefallen dohn un dat kiind schären, dat et ördentlick tüüg ankriegen konne. Dat döet se, schäret dat kiind, auber men half. As et nu wier nacht wert, kümmt dat aule märwiif, nümmt ähr kiind met weg un segt:


»Sau as ji myn kiind hebt schuoren

Is jue glück un stye verluoren.«


Un bet int siebende led hebbet Hanfeilds schuld un ungeduld hat.


Nach einer angeführten Anmerkung ist der Kolk zu Icker im Jahre 1411 durch Erdfall entstanden. – Ueber den Inhalt der Sage vgl. oben Nr. 39 mit der Anmerkung zu Nr. 40. Eine andere auf die Unterwelt weisende Sage vom Kolk zu Icker unten Nr. 44. Der dort im Kolke versinkende Wagen, mit dem die gottlose Frau in die Tiefe hinabfährt, gehört jener Göttin, die über die Fruchtbarkeit der Erde und zugleich in der Unterwelt gebietet; von ihr ist zu Nr. 199, 347, 363-364 gesprochen. Ihr Versinken in diesem Teich ist darum noch von größerer Bedeutung, als hier in demselben noch eine schwimmende Insel erscheint, über deren Bedeutung als Unterwelt zu Nr. 335 b gesprochen ist; diese Insel lehnt sich eng an die insula oceani des Tacitus an, auf welcher das Heiligthum der Nerthus war, diese aber ist den umfahrenden Göttinnen Holda und Berchta gleich, an deren Stelle in jener Sage die namenlose, aber rîke fruwe getreten ist. So soll im Gütchenteich (Sommer, Nr. 20) eine Gräfin in schwarzer Kutsche verschwunden sein, und aus diesem Teich stammen die Kinder, weshalb Sommer die Gräfin für Frau Holle erklärt hatte. Aus dem Buchensee steigen drei Fräulein in einer Kutsche auf und kehren wieder dahin zurück, sie waren die einzig Mitleidigen[55] in dem an jener Stelle versunkenen Schloße; auch in ihnen laßen sich die von Panzer für die Unterwelt nachgewiesenen drei Schwestern nicht verkennen, der Wagen kam aber wol nicht allen dreien gemeinsam zu; Bechstein, Sagenbuch, Nr. 749.

Quelle:
Adalbert Kuhn: Sagen, Gebräuche und Märchen aus Westfalen und einigen andern, besonders den angrenzenden Gegenden Norddeutschlands 1–2. Band 1, Leipzig 1859, S. 54-56.
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