308. Weking's Grab.

[268] Endlich als der alte Held wirklich heimgegangen, da ist sein Leichnam in der Kirche zu Enger beigesetzt. Die Kirchthür an der Westseite, durch welche der Sarg hinausgetragen, ist sofort zugemauert und bis auf den heutigen Tag nie wieder geöffnet. Die mittlere Gegend, wo die Leiche aufgestellt war, um die Bezeigungen der Liebe und Verehrungen zu empfangen, heißt noch immer die Leichdehl. Der Sarg ist dann in einem kleinen Gewölbe am Chore beigesetzt. Und zugleich ist es feierlich ausgesprochen, daß das Heiligthum, worin der Held Westfalens ruht, nie andere Gebeine aufnehmen dürfe. Und so ist es unverbrüchlich gehalten. Wie sehr es[268] auch Sitte jener und der Folgezeit sein mochte, die Ruhestätte im geweihten Gotteshause jedem andern Grabe vorzuziehen, so ist doch nachher nie einem Edeln und nie einem Geistlichen eine Gruft in der Kirche zu Enger gestattet.

Bald haben die Seinen über dem Grabe ein Denkmal errichtet, wie es noch heutiges Tags steht. Oben auf demselben befindet sich ein steinernes Bildniß des Königs in ruhender Stellung, das Angesicht gegen Morgen gerichtet. Das Haupt trägt kurzes Haar und auf demselben die kurze Mitra. Der Leib ist in ein weites und bis auf die Füße reichendes Gewand gehüllt. Die linke Hand hält das Scepter. Die Füße haben Schuhe, welche bis auf die Zehen offen sind und vorn in einer langen Spitze zulaufen.


Das Denkmal, wie dies auch schon der Augenschein ergibt, rührt in seiner jetzigen Gestalt nicht aus Wittekind's Zeit, sondern Karl IV. hat es im Jahre 1377 erneuern laßen; Klopp, II, 173.

Quelle:
Adalbert Kuhn: Sagen, Gebräuche und Märchen aus Westfalen und einigen andern, besonders den angrenzenden Gegenden Norddeutschlands 1–2. Band 1, Leipzig 1859, S. 268-269.
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