388.

[128] In der Grafschaft Mark werden am Fastnachtmontage die Mannsleute von den Frauensleuten in die Zehen gebißen; am Dienstag geht es umgekehrt. Die Gebißenen bewirthen dafür mit warmem Weißbrot (häite wiggen) und geistigem Getränk. In Iserlohn läßt man es beim Ausziehen des Stiefels oder Schuhs, die dann ausgelöst werden müßen. Auf dem Lande geschieht das Zehenbeißen auch während der Roggenmahd zur Zeit des Frühstücks. Mittheilung Woeste's.


Zu Nr. 385-388 stellt sich das Waschen der Füße in der Altmark, Norddeutsche Gebräuche, Nr. 4; vgl. noch zu dem Ausziehen des Stiefels das bloße Abwischen in Nr. 524. Dem iserlohner Gebrauch steht der englische zur Seite, welchen der »Mirror« mittheilt. [128] »In the North Riding of York on Easter Sunday, it is customary for the young men in the villages to take off the young girls' buckles or shoes, and on the Easter Monday, the young men's shoes and buckles are taken off by the young women. On the Wednesday they are redeemed by little pecuniary forfeits, out of which an entertainment is made and the jollity is sometimes concluded with dancing.« Aehnlich berichtet Chambers, Edinb. Journ., March 12, 1842: »A band of young men goes abroad, and whatever female they meet, they take hold of her and pull off her shoes, which are only returned to her upon her paying some trifling forfeit.« »In Durham it is done by boys, who, on meeting any woman accost her with ›Pay for your shoes, if you please‹.« In Ripon, wo viele Spornmacher wohnen, nimmt man auf gleiche Weise den Reitern die Sporen. Am Ostermontag gehen die women umher: »Causing the men to redeem their shoes.« – Das Ausziehen der Schuhe wird symbolische Bedeutung haben und erinnert an das Ausziehen der Brautschuhe, welches zu Nr. 109 besprochen ist. Vielleicht hatten an je einem Ostertage die Männer oder Frauen die Herrschaft.

Quelle:
Adalbert Kuhn: Sagen, Gebräuche und Märchen aus Westfalen und einigen andern, besonders den angrenzenden Gegenden Norddeutschlands 1–2. Band 2, Leipzig 1859, S. 128-129.
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