418.

[145] In Stuben, auf Bienenkörbe, ins Flachsfeld steckt man Palmen (geweihten Buchsbaum), dann kann ihnen kein Schade geschehen. Ostendorf an der Lippe.


An die Stelle des Buchsbaums treten auch wol andere Zweige, wenigstens ist mir erinnerlich, größere Zweige auch auf den Feldern stecken gesehen zu haben; in der Mark holt man die eben aufbrechenden Weidenarten auf Palmarum und nennt sie gleichfalls Palmen, so auch, wenn ich mich nicht geirrt habe, in Winterberg, nach Gebräuche, Nr. 437. Ebenso nach Meier, Gebräuche, Nr. 33, Weiden, Elsen, Pappeln u. dgl. In Schottland treten gewöhnlich Judenkirsche, Weide und Buchsbaum an die Stelle der Palmzweige; sie werden nachher verbrannt und die Asche wird aufbewahrt; man streut sie sich am nächsten Aschermittwoch mit des Priesters Segen aufs Haupt. »It has continued ...[145] to be customary in many parts of England to go a-palming on the Saturday before Palm-Sunday; that is young persons go to the woods for slips of willow, which seems to be the tree chiefly employed in England as a substitute for the palm on which account it often receives the latter name.« Also gerade wie bei uns. Die Weidenblüte scheint demnach alte Heiligkeit gehabt zu haben und wird Symbol des Frühlings gewesen sein; auch bei Rochholz (I, 239) erscheint eine weiße Jungfrau mit einem Schlüßelbund und einem Strauß von Weidenröschen, während sie sonst einen Maiblümchenstrauß oder Rosen zu tragen pflegt; über Bedeutsamkeit der Weide in Sagen des Alterthums, Panzer, II, 375-377. Wenn man Lebendes mit einer Weide schlägt, so vergeht es, s.u. Nr. 534; ein Weidenschoß, vom fremden Gebiete genommen und einem Hunde um den Hals gelegt, schützt vor der Hundekrankheit, Wolf, Beiträge, I, 220, Nr. 228; Hexen können jemand tödten, indem sie einen Knoten in Weiden schlingen, Wolf, Beiträge, I, 226, Nr. 301. – Auch am Lechrain findet sich die Weide zu Palmen verwandt, aber in Verbindung mit noch andern bedeutungsvollen Zweigen. »An den Stab einer Haselstauden, in die Hasel schlägt ohnehin kein Blitz, sind angebunden Zweige von der Palmweide mit ihren jungen Mudeln, einem der ersten Triebe, die der herankommende Lenz erzeugt; von der Mistel, diesem uralten Hailthum; dann vom Sävling, dessen Geruch den Hexen unausstehlich; von der die Gesundheit so sehr erhaltenden ehrwürdigen Kranewit; und gegen das Gebirg zu, auch von der Stechpalmen, dem Wachslauberbaum, wie er dorten genannt wird. Der Haselstecken darf nicht zu lang, und muß geschält sein, denn die Hexen vermögen in den engsten Raum, sogar zwischen Holz und Rinde zu schliefen. Nur bei der Handhab ist der Stab nicht geschält, darum muß man ihn aber auch keiff greifen, um die Hexe heraus zu drucken. Jedes Haus läßt so viele Busche weihn als es für Stuben, Kammern, Stallungen nöthig hat. Während einem Wetter wirft man einen kleinen Theil des Palms in das Herdfeuer, wodurch man sich den Einschlag des Blitzes abwehrt. Sonderbare Kräfte ruhen aber hauptsächlich in dem Haselstecken. Indem man ihn z.B. beim erstmaligen Austrieb des Viehes seiner Kuh über den Rücken streicht, nimmt man andern Kühen zu Gunsten der seinigen die Milch u. dgl. m.« Leoprechting, S. 169-170. Ueber einen ähnlichen zauberhaften Gebrauch solcher Haseln, ebendas., S. 31.

[146] In einigen bairischen Orten macht man von den geweihten Palmzweigen, Seben- und Weidenzweigen ein Kreuz, das man auf den Acker steckt; Panzer, Beiträge, II, 534. Geiler von Kaisersberg (Stöber, S. 56) sagt: »Darumb so soll man die palmen, die geweiht seind eehrlich halten, in den hüszern uf stecken, und ist recht, das man si brennt wan es wyttert oder hagelet oder dunneret.«

Quelle:
Adalbert Kuhn: Sagen, Gebräuche und Märchen aus Westfalen und einigen andern, besonders den angrenzenden Gegenden Norddeutschlands 1–2. Band 2, Leipzig 1859, S. 145-147.
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