374.

[121] In der Gegend von Warendorf und Beckum durchziehen am Petersmorgen die Bewohner eines Hauses alle Räume desselben und klopfen eine halbe Stunde lang an alle Thüren, um den Sonnenvogel auszutreiben. Bei Unterlaßung dieses Gebrauchs würde, meint man, das Haus von Ratten, Mäusen und anderm Ungeziefer geplagt werden. Derselbe ebendaselbst.


Zu 366-374.

Woeste gibt (Volksüberlieferungen, S. 24) als Zweck noch an, daß bei Unterlaßung des Austreibens das Vieh erkranke; der Spruch lautet dort:


»'rut, 'rut Süntevuegel!

Sünte Peter dai es kuemen,

Sünten Tigges kuemet noch;

hai verbütt di hus un huof,

lant un sant,

lof un grass.

Bit tinte jår üm düen dach

sall di ålle schelm de lange hals af.

Gå in de stenklippe!

då sastu inne sitten.

gå in de stenkule!

då sastu in verfulen.

Gå nå' me Klusensten

un tebriek hals un ben.«


Montanus (S. 21) sagt: »Wenn man an diesem Tage den Hühnern Nester macht, so legen sie viele Eier.« Auch würden[121] dann die Schlangen und Molche (Viemölle) aus Häusern, Ställen und Gehöften vertrieben. Morgens bei Sonnenaufgang klopft der Hausherr mit einem Kreuzhammer an die Eckpfosten der Häuser und Ställe und spricht:


»Herus! herus! herus!

schlangen us stall un hus,

schlangen un viemöllen,

hie nit herbergen söllen.

Sant Peter un de liewe Frau,

verbiet üch hus un hof un an.

Viemoll un schlangen herus,

über land un sand,

durch lohf un graß,

durch hecken un strüch,

in die diepen kuhlen,

da söllt ihr verfuhlen.«


Vgl. Wolf, Beiträge, I, 87; Simrock, Mythologie, S. 552. Woeste sucht in den Volksüberlieferungen, S. 24, den Namen süntevugel aus dem eddischen sut fugla, Trauer der Vögel, zu erklären; mir scheint es aus Sonnenvogel entstellt durch die nahestehenden Sünte Peiter, Sünte Tigges; für diese Auffaßung spricht auch das danebenstehende Sommervogel = Schmetterling. Man wollte den Frühlingsboten aus seiner Winterstätte aufjagen, wollte den Sommer wecken; ob nicht ein bestimmter Schmetterling gemeint sein mochte? In den ersten warmen Tagen pflegt bei uns der Fuchs zu fliegen, der wie der Vierfüßler gleiches Namens dem Petrus = Donar heilig sein mochte; da die Puppe sich gern in Häusern und Ställen an die Wände hängt, so mag man ihn daraus hervorgejagt haben. Daß der Gebrauch auf den Sommergewinn gehe, zeigt auch das langaswecken (Lenzwecken) in Tirol. Vgl. V. Zingerle in Wolf, Zeitschrift, II, 360. Das Klopfen mit einem Kreuzhammer deutet doch wol auf Donar, auf den vielleicht auch das Kreuzzeichen zu beziehen ist, mit welchem die Einwohner der Orkneyinseln am Peterstag ihre Boote segnen; man vergleiche die folgenden, sich ergänzenden Nachrichten. Grose, Gloss. of provincial words, Anhang superstitions, a.s.o. S. 71: »The fishermen every year change their companions for luck's sake. On St. Petersday they new paint their boats and give a treat to their friends and neighbours; at which they sprinkle their boats with ale, observing certain ceremonies.« Chambers, Edinburgh Journal, 26. Nov.,[122] 1842: In Brand's description of Orkney, the author, speaking of the superstitions of the inhabitants says: »When the beasts, as oxen, sheep, horses etc. are sick, they sprinkle them with a water made up by them, which they call forespoken water; wherewith likewise they sprinkle their boats, when they succeed and prosper not in their fishing; and especially on Halloween, they use to sain (sanctify) or sign their boats and put a cross of tar upon them, which my informer hath often seen.«

Quelle:
Adalbert Kuhn: Sagen, Gebräuche und Märchen aus Westfalen und einigen andern, besonders den angrenzenden Gegenden Norddeutschlands 1–2. Band 2, Leipzig 1859, S. 121-123.
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