9. Szene.

[107] Albertine. Dann Eduard Klein.


ALBERTINE will Hasemann nachgehen. Er wird doch nicht? Stehen bleibend. Ach, es ist lächerlich, daß ich mich echauffiere. Rosa wird schon wissen, was sie ihm zu antworten hat. Aber gerade heute, wo ich die Sache mit dem Baron in Ordnung bringen will? Sie ist vielleicht verlegen und sagt nicht bestimmt Nein. Es ist doch wohl besser, wenn ich ihr behilflich bin. Will nach links abgehen.

EDUARD im Ballanzug, sehr schüchtern, tritt durch die Mitte ein.


Eduard lispelt, d.h. er stößt bei der Aussprache des »S« und aller Zischlaute ein wenig mit der Zunge an.


Ich habe die Ehre, Frau Hasemann –

ALBERTINE sich umwendend. Wer ist da? Bei Seite. Ach, der langweilige Provisor! Laut. Guten Tag, Herr Klein. Sie wollen gewiß meinen Mann sprechen – es tut mir leid, er ist nicht da – ein andermal, wenn ich bitten darf. Wendet sich wieder nach der Tür links.

EDUARD. Es wäre mir lieber, heute.

ALBERTINE. Aber Sie hören doch, mein Mann ist nicht da.

EDUARD. Ich kann es ja auch Ihnen sagen.

ALBERTINE. Was denn?

EDUARD. Es betrifft eine Herzensangelegenheit.

ALBERTINE. Es ist mir zwar sehr schmeichelhaft, daß Sie mich zur Vertrauten Ihrer Herzensangelegenheiten machen wollen, aber ich bin ebenfalls heute sehr beschäftigt. Wenn ich also bitten darf, ein andermal.[107]

EDUARD. O, ich brauche nur wenige Minuten. Ich habe lange mit dem Entschluß gekämpft; da ich mich nun aber entschlossen habe, möchte ich auch reden.

ALBERTINE aufseufzend. Na, dann in Gottes Namen reden Sie. Setzt sich, und deutet Eduard an, ebenfalls Platz zu nehmen.

EDUARD. Verehrte Frau Hasemann, es betrifft Ihr Fräulein Tochter Rosa.

ALBERTINE aufhorchend. He?

EDUARD. Ich weiß nicht, ob Sie es schon bemerkt haben –?

ALBERTINE. Nein.

EDUARD. Ich – liebe Ihr Fräulein Tochter und wäre überglücklich, wenn sie mich heiraten würde.

ALBERTINE aufstehend. Ach, Sie spaßen wohl?

EDUARD. O, wer wird mit so ernsten Dingen Scherz treiben? Glauben Sie mir, Frau Hasemann, ich liebe Rosa so aufrichtig und ehrlich – mein Vater würde mir auch eine Apotheke kaufen, wenn es so weit ist – und wenn Fräulein Rosa sich nicht etwa an den kleinen Zungenfehler stößt, an welchem ich leide –

ALBERTINE. Allerdings, ja, daran wird sie sich wohl stoßen.

EDUARD. Sie glauben? Ach, ich habe mir schon so viele Mühe gegeben, um es mir abzugewöhnen, und ich hoffe auch –

ALBERTINE. Gewiß, es wird sich schon geben – mit der Zeit – in einigen Jahren. Sie können ja dann wieder anfragen.

EDUARD. O Gott, so lange soll ich noch warten? Würden Sie nicht wenigstens erlauben, daß ich Fräulein Rosa selber frage?

ALBERTINE. Rosa ist auch sehr beschäftigt, außerdem ist es überflüssig, Herr Klein, wirklich ganz überflüssig. Nach dem Zimmer links horchend. Sie schenken uns wohl ein andermal die Ehre, wenn ich bitten darf, ein andermal. Bei Seite. Na ja, für den Stoffel werde ich meine Tochter erzogen haben, das könnte mir fehlen. Rasch ab nach links.


Quelle:
Adolph L’Arronge: Gesamt-Ausgabe der dramatischen Werke. Berlin 1908, S. 107-108.
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