5. Szene.

[128] Emilie. Wilhelm.


WILHELM. Milchen!

EMILIE. Wilhelm! Eilt auf ihren Mann zu und umarmt ihn. Du bist ja schnell zurückgekommen.

WILHELM. Ich werde dich doch heute nicht lang allein lassen!

EMILIE. O, es waren schon viele Gratulanten da.

WILHELM. So? Wer denn?

EMILIE. Alle Gesellen und Eduard.

WILHELM. Eduard? Der hat dir wohl wieder was vorgejammert?

EMILIE. Pfui, Wilhelm, du sollst nicht so sprechen.

WILHELM. Wie?

EMILIE. Du sollst dich nicht immer über den armen Menschen lustig machen.

WILHELM lächelnd. Und wenn ich es doch tue?

EMILIE drohend. Du! – Wilhelm, wir haben abgemacht, daß wir uns heute nicht zanken wollen.

WILHELM. Ich denke ja auch gar nicht daran, mich mit dir zu zanken; aber du wirst mir doch zugestehen müssen, das es höchst läppisch ist von einem Manne, fortwährend um ein Frauenzimmer zu lamentieren, als ob es nur die Eine auf der Welt gäbe?!

EMILIE. Und wenn er diese Eine nun liebt, wenn ihr Verlust ihm so nahe geht, daß er sich aus Gram darüber verzehrt?

WILHELM. Er sich selbst?

EMILIE. O, spotte nur. Du freilich bist eine prosaische Natur, aber es gibt poetische Gemüter, die sich aus unglücklicher Liebe das Leben nehmen können.

WILHELM. Das glaube ich nicht.

EMILIE. Ja, du hast deinen Teil und bist glücklich. Aber ich möchte wohl wissen, wie du dich angestellt haben würdest, wenn ich dir einen Korb gegeben hätte!

WILHELM. Dann hätte ich eine Andere geheiratet.

EMILIE. Oho!

WILHELM. Verlaß dich darauf.

EMILIE. Dann hätte ich dir die Augen ausgekratzt.

WILHELM. Hahaha! Na, komm' her, Alte, streiten wir uns nicht um des Kaisers Bart. Ich will auch gar nicht[129] leugnen, daß ich mich sehr gewundert haben würde, wenn du mich nicht gewollt hättest.

EMILIE. Bloß gewundert?

WILHELM. Oder geärgert.

EMILIE. Bloß geärgert? nicht gegrämt? Gegrämt hättest du dich nicht?

WILHELM. Nein. Will sie umarmen.

EMILIE. Laß mich. Das hätte ich wissen sollen, daß ich dir so gleichgiltig war.

WILHELM. Wer sagt das? Ich hätte mich vielleicht auch gegrämt –

EMILIE rasch. Also doch?

WILHELM. Ja, wenn ich dich damals so gekannt hätte wie jetzt. Aber ich konnte doch nicht wissen, daß du so ein vortreffliches Weibchen werden würdest.

EMILIE. Also jetzt würdest du dich grämen?

WILHELM. Worüber?

EMILIE. Wenn – Stockt.

WILHELM. Wenn du mir einen Korb gäbest?

EMILIE. Ach, du drehst einem ja die Worte im Munde um. Umarmt und küßt ihn.


Quelle:
Adolph L’Arronge: Gesamt-Ausgabe der dramatischen Werke. Berlin 1908, S. 128-130.
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