6. Szene.

[47] Weigelt. Dann Emma und Marie.


WEIGELT. Er hat doch ein gutes Herz. Und der Verstand – ah! Wie er merkt, daß das Geld alle wird – ich mag ihm gar nicht sagen, wie alle es wird. Na, wenn der olle Schwalbach wirklich so reich is, dann is ja für ihn gesorgt, und ich –? Ach was, Leopold hat ganz recht, ich bin ja noch rüstig und kräftig, ich kann auch wieder arbeiten. Wenn ihm man nischt abgeht, das is die Hauptsache.

EMMA Marie an der Hand nach sich ziehend, durch die Mitte. Komm nur herein, Du hörst ja, er ist zu Hause.

WEIGELT sich erstaunt umwendend. Nanu? Was ist denn das für ein Besuch!

EMMA. Herr Weigelt, ich weiß nicht, ob Sie noch die Ehre haben, uns zu kennen? Ich bin Fräulein Emma Zernickow, und dies ist meine Schwester Marie.

WEIGELT. Zernickow? Die Amtsrichterstöcher?

EMMA. Sie irren sich, wir sind Rat geworden.

WEIGELT barsch. Was wollen Sie von mir? Wie kommen Sie überhaupt hier rein? Bei mir wird niemand unge – un – ungemolden vorgelassen.[47]

EMMA. Wann haben Sie wohl die Güte, unsern Besuch Ihrem Herrn Sohn anzumelden.

WEIGELT. Mein Sohn ist augenblicklich nicht momentan.

EMMA. Wenn Sie damit sagen wollen, daß Herr Weigelt junior nicht zu Hause sei, so müssen Sie mir schon erlauben, Sie Lügen zu strafen, denn die Jungfer Köchin draußen hat uns des Gegenteils versichert.

WEIGELT. Was haben Sie mit meinem Sohn zu sprechen?

EMMA. Es bleibt Ihnen unbenommen, dieser Unterredung beizuwohnen.

WEIGELT. Da bin ich doch neugierig. Geht an die Seitentür links. Leopold, komm doch mal 'n Augenblick 'raus.

EMMA zu Marie. Marie, du zitterst ja, setze dich doch.

MARIE. Wozu soll dieser Schritt führen? Du hättest mich nicht überreden sollen –

EMMA. Laß mich nur machen. Drängt sie auf einen Stuhl. Zu Weigelt. Sie erlauben doch, mein Herr, daß meine Schwester von Ihrer freundlichen Einladung, Platz zu nehmen, Gebrauch macht?

WEIGELT bei Seite. Was das Balg für 'ne boshafte Zunge hat!

EMMA. Wie meinen Sie? Sie haben uns gar keinen Stuhl angeboten, meine Schwester soll wieder auf stehen?

WEIGELT. Nein, meinetwegen kann sie sitzen bleiben.

EMMA. Das glaube ich; deswegen sind wir eben hier.


Quelle:
Adolph L’Arronge: Gesamt-Ausgabe der dramatischen Werke. Berlin 1908, S. 47-48.
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