Dritte Szene.


[185] Gräfin Gallen aus den Zimmern der Königin tretend; sie ist in Putz. Die Vorigen.


STRUENSEE sich umblickend. Weh' mir!

GULDBERG. Ihr versprecht Euch wunderlich!

GALLEN auf Lorenz zugehend. Würdiger Herr, laßt Euch meine Freude ausdrücken, daß gerade Ihr, ein deutscher Landsmann Ihm die Hand reichend. und naher Verwandter Struensees, eingetroffen seid, um unsern Bund zu segnen! Struensee die andre Hand reichend, die dieser zögernd küßt. Ist's nicht ein schönes Zeichen des Himmels, Struensee? Kurze Pause. Ihr zittert ja!

STRUENSEE. Wüßtet Ihr, was in mir vorgeht –!

GALLEN. O Struensee, Ihr braucht mir nicht zu verbergen, daß Euer Inneres leicht und tief bewegt ist vom Ernst des Lebens! Diese schöne Erregbarkeit war es ja, welche mein Herz zu Euch gezogen. Nehmt mich auf in Euer großes Dichten und Trachten; meine Seele schmachtet danach, an all Euren Gedanken und Plänen hingebend wirksam teilzunehmen. Unsre Liebe soll sich in gemeinschaftlicher einiger Tätigkeit offenbaren, und wir werden es der Welt zum Staunen darstellen, was die Ehe darstellen soll: Mann und Weib sei eine Tat!

STRUENSEE sie betrachtend. Arme Gräfin![185]

GALLEN. Struensee! Warum arm? Warum wollt Ihr Eure eigne Bedeutung so gering achten? Ihr regiert ein Reich, Ihr regiert es mit neuen Mitteln, zu neuem Ziele! Und das wäre ein Geringes? Gewiß nicht! Ich werde Eure Bescheidenheit aufrichten, ich werde Euch täglich zurufen: Struensee, Millionen sehen und harren auf uns, und erwarten von unsrer Liebe und unserm Geiste Gesetz und Vorschrift – wir haben die herrlichste Bestimmung errungen, Friedrich!


Pagen erscheinen links an der Eingangstür zur Königin.


STRUENSEE in Gedanken. Von wo kommt die Bestimmung?!

GALLEN. Von Gott, der uns im Herzen wohnt.

STRUENSEE. Wahrhaftig?


Ruf aus den Zimmern der Königin: Die Königin!


STRUENSEE die Hand der Gräfin lassend und nach dem Eingang zur Königin einige Schritte machend. Sie kommt!


Neuer und näherer Ruf: Die Königin!


KÖNIG erwachend. Die Königin! Er schreitet langsam die Treppe herunter und kommt nach vorn.

RANZAU. Gott sei Dank!

KÖLLER. Das wär' vorüber; nun zur Entscheidung! Er geht langsam nach hinten, die Treppe hinauf und hinaus.

GULDBERG zu Ranzau. Nun wird sich's zeigen!


Quelle:
Heinrich Laube: Gesammelte Werke in fünfzig Bänden. Band 24, Leipzig 1908–09, S. 185-186.
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