25.

[177] Ungeduldig erwartete ihn Stanislaus an der Brücke. Skrzynecki mit dem Generalstabe war schon fort, die beiden jungen Offiziere sprengten in größter Eile durch Praga, die beiden Gemeinen – Magyac war in das Regiment getreten – in gleicher Eile hinterher. So ging es über die Fläche hin, welche auf der Ostseite Warschaus bis an die Wälder läuft. Die Nacht war still und dunkel, aber die breite Chaussee erlaubte den Reitern die schnellste Bewegung. Diese Chaussee führt von Warschau durch die Wälder über Wavre, Dembe, Minsk, Siedlce nach den tieferen polnischen Provinzen, nach dem eigentlichen Rußland hinein, und sie ward bis in die Mitte des Sommers 1831 der Mittelpunkt aller Heerbewegungen.

Kaum eine Stunde von Warschau beginnen die Wälder. Hier holten die vier Reiter den Generalstab ein. Stanislaus schloß sich an einen der vorderen Offiziere, und Valerius, der sich fortwährend zu ihm hielt, hörte einen Teil der Orders[177] mit an, welche eine sanfte Stimme austeilte. Sie gehörte einem hohen Manne, der auf einem großen Pferde ritt. Er war in einen Mantel gehüllt, und die Dunkelheit ließ von seinem Gesicht nichts erkennen. »Vertrauen Sie auf Gott, meine Herren, er verläßt die Seinen nicht – und nun an Ihre Posten.« Alles flog auseinander, und Valerius konnte erst, als er bei seinem Regimente angekommen war, nach dem Namen jenes frommen Kriegers fragen.

»Das war Skrzynecki,« erwiderte Stanislaus; ein weiteres Gespräch ließ sich nicht anknüpfen. Das Vorrücken der Reiterei war nicht ohne Beschwerlichkeit, da sie einen Teil der Chaussee dem Fußvolk und der Artillerie überlassen mußte; der Weg selbst nahm also bei der Finsternis alle Aufmerksamkeit in Anspruch. Valerius erfuhr nur noch von Stanislaus, daß ein bedeutender Teil der russischen Streitmacht in dem Flecken Wavre und der Umgegend liege, und daß die nächtliche Expedition dahin gerichtet sei.

Die Kolonnen hielten plötzlich; die vorderen Spitzen mochten in der Nähe des Ortes angekommen sein. Es war eine wunderliche Stille, die einen Augenblick eintrat, alle, selbst die Tiere, schienen zu empfinden, daß es der Moment vor einer Schlacht sei. Der Generalstab ritt rasch auf einem Waldwege vorüber nach dem Angriffspunkte hin; die dunkeln Gestalten glitten vorbei wie Gespenster durch den dichten Nebel, der auf Wäldern und Morästen lag. Aber bald trat jenes wogende Murmeln ein, das nie ausbleibt, wenn eine so große Masse an ein Werk geht. Man hörte die Ladestöcke fallen, weil hie und da einer untersuchte, ob seine Patrone noch fest säße; die Kavalleristen machten die Säbel in den Scheiden locker; Befehle der Offiziere liefen leise von Mund zu Mund. Plötzlich knatterte eine Lage Musketenfeuer tief aus dem Walde, und noch eine, und noch eine, dumpfe Kanonenschläge mischten sich bald darein, die Infanteriekolonnen auf der Chaussee erhielten Raum, vorwärtszurücken;[178] das Regiment des Valerius nahm seinen Platz auf der Heerstraße ein.

Dieser nächtliche Kampf machte einen wunderlichen Eindruck auf ihn. Er fühlte noch die warme Hand Konstantiens auf seiner Wange, und jetzt strich die kalte Nachtluft darüber, welche ihm die Töne eines mörderischen Kampfes brachte, im nächsten Augenblicke konnte er selbst mitten im Getümmel sein. Die Schlacht selbst befängt viel weniger, man ist beschäftigt, Geist und Phantasie haben nicht Raum und Zeit, sich des Gegenstandes zu bemächtigen, aber die Nähe der Schlacht erschüttert am tiefsten. Man weiß nur, daß unweit von uns gemordet wird, massenweise gemordet wird; die Phantasie bemächtigt sich der Gegenstände, und ihre Möglichkeiten erschüttern den Stärksten. Hier ward sie obenein durch die Nacht unterstützt, nur das Ohr benachrichtigte die Seele von den tödlichen Dingen.

Das Feuern ward indessen immer lebhafter und schneller, man mußte einen heftigen Widerstand vermuten, da die Kavallerie noch immer keinen Befehl erhielt, vorzurücken. Hie und da stieg aus der stillen Reitermasse ein Fluch auf gegen die Feinde. Plötzlich verbreitete sich eine große Helle über den Wald; Häuser von Wavre waren in Brand geraten, Kriegsgeschrei scholl aus der Ferne, des Grafen Kicki Kommandostimme »Vorwärts« flog über die Lanzen hin, und in donnerndem Trabe flog das Regiment durch den Wald, in das brennende Dorf hinein. Der Einzelnkampf würgte noch in den Häusern, pulverschwarze Krieger fochten in kleinen Haufen mit dem Bajonett gegeneinander; wo man hinsah, flogen die glühendroten Strahlen aus den Feuergewehren, Kugeln pfiffen von allen Seiten, mancher Reiter sank auf den Hals des Pferdes.

»Seht, Herr, der Schmied erobert sein altes Haus,« rief Magyac, der im Zuge des Valerius ritt, »dort rechts.«

Die schnelle Bewegung riß alles vorüber, aber mit[179] einem flüchtigen Blicke glaubte Valerius doch den alten Florian an der roten Mütze zu erkennen, wie er auf der Schwelle eines brennenden Hauses stand und einen Russen hineinwarf in die Flamme.

Die Hauptmacht der Feinde war aus dem Dorfe hinausgeworfen, die hinter demselben aufgefahrene Batterie wurde eben genommen, und die Kavalleriechargen warfen den Feind völlig in die Flucht, immer tiefer in die Wälder hinein. Der Feind, das Geismarsche Korps, war zersprengt, die Reste zogen sich auf das Rosensche zurück, das drei Meilen davon stand. Den nächsten Tag, des Nachmitags, wiederholte sich bei Dembe die Schlacht bei Wavre. Hier wurden indessen die Russen auf keine Weise überrascht, sie wußten, daß der Feind ihnen dicht an der Ferse sei, und versuchten mit größter Anstrengung das Vordringen desselben aufzuhalten. Sie waren in einer festen Position, zahlreich, und, wie alle russischen Truppen, standhaft und hartnäckig. Die angreifenden Polen stürmten zu wiederholten Malen vergeblich; der Tag begann sich bereits zu neigen, und die meisten Kombattanten mochten der Meinung sein, er werde mit einem unentschiedenen Treffen enden, als Skrzynecki unter den vordersten Truppen erschien. Langsam und schweigend durchritt er ihre Reihen, hie und da nur erhielten seine Adjutanten Befehle, die Massen enger und dichter ineinanderzuschieben, Regimenter heranzubeordern, die weiter rückwärts geblieben waren, hie und da nur sprach er im Vorüberreiten zu den Soldaten: »Kinder, mit Gottes Hilfe muß der Tag gewonnen werden!« Auch die Artillerie war verstärkt worden. Skrzynecki erhob die Hand, und wie ein Echo schallte der Ruf zum Angriffe links und rechts; es begann das Geschütz ein neues lebendiges Feuer, alle Massen setzten sich im Sturmschritt in Bewegung, die Russen wurden überwältigt, die untergehende Sonne fand sie auf der Flucht immer tiefer nach der russischen Grenze hin gen Iganie und Siedlce. Dembe Wielkie war der zweite[180] Siegesort Skrzyneckis. Er bewies da zum ersten Male die unerschütterliche, unbiegsame Hartnäckigkeit in dem einmal Begonnenen, die sich später so oft wieder an ihm herausstellt. Langsam, vorsichtig, oft allzu bedenklich ging er an die Unternehmungen, aber das einmal Begonnene führte er mit der tödlichen Ruhe eines Fanatikers zu Ende, der sich dem einmal gefaßten Entschlusse verfallen glaubt. Es ist dies vielleicht ein religiöses Element, das bei Skrzynecki überhaupt mehr hervortritt als das nationale. Von der polnischen Volkstümlichkeit bemerkt man außer der schwärmerischen Vaterlandsliebe fast nur das elegische Wesen an ihm, welches sich so leicht über ein unterdrücktes Land verbreitet, und sich zu einer schwärmerischen Religiosität ausdehnt.

Hier sah Valerius den neuen Generalissimus zum ersten Male deutlich. Von einigen Offizieren begleitet ritt er bei den letzten Strahlen der noch kraftlosen Frühlingssonne in das Dorf ein. Das Antlitz strahlte, als ob ein Gebet darauf ausgebreitet wäre, und das matte aber große Auge richtete sich einen Moment lang nach der Himmelsdecke. Dann nahm der Held des Tages ein Glas hervor, betrachtete noch einmal in größerer Nähe die eroberte Stellung, und gab einige Befehle. Er ritt, wie es schien, noch dasselbe hohe Pferd, das ihn bei Wavre getragen hatte; nachlässig saß die große, edle Figur darauf, aber ein Reitverständiger konnte schnell erkennen, daß es nicht die Ungeschicklichkeit Friedrichs II. oder die Napoleons in der edlen Reitkunst war, welche aus seiner nachlässigen Stellung hervorguckte, sondern vielmehr die erworbene Sicherheit, welche natürliche Anlage und eine stete Übung erzeugt. Die langen Beine des Reiters lagen fast wie eingewachsen am Sattel, und der schön proportionierte volle Oberkörper wiegte sich leicht und gerade in unbekümmerter Sicherheit. Der sanfte, nachdenkliche Ausdruck seines Gesichts, welchen die Siegesfreude nur flüchtig verdrängt hatte, das sinnende poetische Auge erinnerten eher an einen Denker, und[181] nur zuweilen schärfte der Ernst seiner Züge die weichen Formen bis zum befehlshaberischen, kriegerischen Ansehen.

Die Order für die Kickischen Ulanen, den tätigsten Anteil an der Verfolgung des Feindes zu nehmen, unterbrach die Betrachtung des Deutschen. Er konnte nur noch einen flüchtigen Blick auf den neben Skrzynecki reitenden Prondzinski werfen, und fort riß ihn die rasche Bewegung seines Regiments.

Jetzt begann nun das eigentliche Lager- und Biwakleben des polnischen Heeres, der Feind wurde zwar immer wieder auf der Chaussee zurückgedrängt, bei und in Iganie selbst, das Prondzinski mit dem Bajonett in der Hand nehmen ließ, in einem mörderischen Gefechte geschlagen, und bis hinter Siedlce, den Hauptort seiner Magazine und Kranken, zurückgeworfen. Aber der vorsichtige, bedenkliche Skrzynecki wagte nicht weiterzudringen, in Siedlce war ein Lazarett mit Cholerakranken, er betrat diese Stadt nicht, und der blutige Sieg bei Iganie wurde nicht weiter verfolgt. Allmählich zog der Gegner Diebitsch seine Truppen enger zusammen und rückte mit überlegenen Kräften wieder vor, und so trat denn die lange Periode des Krieges ein, wo sich die Heere bald vor-bald rückwärts auf der Chaussee hin und her bewegten. Zuweilen ließ es sich an, als würden sie sich in eine Schlacht verwickeln, wie zum Beispiele in dem Treffen bei Minsk, aber es kam nicht dazu. Diebitsch war wohl auch durch die Tage bei Praga und Grochow zu der Überzeugung gelangt, daß er nur mit erdrückender Überlegenheit auf einen Erfolg rechnen dürfe, und wartete deshalb ungeduldig auf die Garden, welche von Petersburg her eintreffen sollten.

So beobachteten sich die Heere, neckten sich, schützten sich durch Positionen, und der warme Frühling war indessen rings um sie eingekehrt, das Moos der öden Wälder, die jetzt überall von Kriegern wimmelten, glänzte mit jungem Grün, das unter der Schneedecke gediehen war, die Nadeln[182] der sonst so eintönigen Kieferwälder schimmerten in junger Frische, dunkle Fichten und Tannen hoben das monotone Kolorit. Wenn er mit den ewig muntern Reitern dahinzog beim warmen Morgensonnenscheine, welcher spielend hin und her prallte an den Waffen, da fühlte Valerius in seinem Herzen oft wieder die lang' vermißten Regungen der Jugend, hinauszuschweifen über die Felder ohne Absicht und Plan, singend und träumend auf den schaukelnden Sonnenstrahlen. Die stete Bewegung in der freien Luft, der lebhafte Wechsel des Krieges, die tägliche Gefährdung und tägliche Rettung des Lebens – alles das hatte ihn nicht zu seinen Gedanken zurückkommen lassen, er war ein Krieger geworden wie die andern, von einer Stunde zur andern lebend, nichts vor Augen habend als den nächsten Zweck. Nur wenn ein müßiger Tag eintrat, da nahten leise aus der Ferne die alten quälenden Fragen: »Kannst du nichts Besseres tun, als Menschen erwürgen? Willst du so fortleben, ohne Zweck und Absicht?« Aber sie wurden nicht laut und traten nicht nahe genug. Das Leben um ihn her ließ keine Zeit dazu übrig, und Konstantiens heiße Küsse beherrschten die Träumereien.

Diese Art Krieg zu führen begünstigte aber mehr als jede andere das eigentliche Biwakleben. Es gab keine Schlachten, die alle Kräfte in Anspruch genommen hätten, und doch war man fortwährend in solcher Spannung und Aufmerksamkeit, daß alle Fähigkeiten geweckt blieben. In der nächsten Stunde stand den Leuten Gefahr und Tod an der Seite, was Wunder, wenn sie alle gesellige Rücksicht und Ängstlichkeit beiseite setzten, solange sie nebeneinander am Feuer lagen, und ihre Lebensgeschichten oder dies und jenes erzählten! Hätte Valerius noch einen Zweifel gehabt über den Leichtsinn, die Liebenswürdigkeit, das Unglück und alle die Fehler dieses Volkes, die Biwakszenen hätten ihn gelöst.

Es waren namentlich zwei Offiziere aus den älteren polnischen Provinzen, mit denen er am öftesten verkehrte, für[183] die er sich am meisten interessierte. Der älteste von ihnen war aus Litauen, der jüngere aus Volhynien. In der Vaterlandsliebe und Tapferkeit glichen sie vollkommen all den Polen, welche er bis jetzt gesehen hatte, aber auch diese beiden Eigenschaften hatten bei ihnen eine neue Schattierung: sie waren weicher, weniger lebendig, man könnte sagen schwärmerischer. Unmittelbar dem Feinde einverleibt haben diese alten Provinzen die rauschende Frische verloren, aber Liebe und Haß sind desto tiefer eingewurzelt in ihren Herzen. Die chevalereske Eitelkeit, die oft in Warschau an den Tag sprang, war weniger an ihnen zu sehen, sie schienen aber sorgfältiger und aufmerksamer den Grundfehlern ihrer Nationalität nachgedacht zu haben, sie schlossen sich deshalb dem Fremden enger an, und es schien dem Valerius zuweilen, als fänden sich in ihnen tiefere Quellen zu einem langen beschwerlichen Kampfe. Das größere Unglück mochte alle Innerlichkeit und Tiefe mehr ausgebildet haben.

Diese beiden Offiziere, Stanislaus und Valerius saßen eines Abends in einer einsam gelegenen Hütte im Walde. Eine Seitenwand des Gebäudes, daß längst von seinen eigentlichen Bewohnern verlassen war, lag in Trümmern, ein Feuer brannte auf dem Lehmboden, und der Rauch fand einen bequemen Ausweg durch die Bresche. Die vier Krieger waren lange schweigsam, sahen ins Feuer oder nach einer andern Gruppe, die sich im Winkel der Hütte um eine Trommel postiert hatte, und ein Spiel arrangierte. Ein Offizier setzte sich auf ein Tornister an die Trommel und zog lachend einen Satz Würfel und eine Börse hervor, und lud die übrigen ein, wacker zu setzen. Er war zwar dicht in den Mantel gehüllt, aber man durfte aus dem Betragen seiner Umgebung schließen, daß er ein hoher Offizier sei. Die Statur schien die Mittelgröße zu haben, das Gesicht war rot und trug den Ausdruck lebendiger Behaglichkeit und die Spuren eines in Fröhlichkeit genossenen Lebens.[184]

»Wir haben eben nichts Besseres zu tun, meine Herren,« sagte er, »lassen Sie uns ein kleines Jeu entrieren, wenn bei den Vorposten Schüsse fallen, so finden sie uns munter, der Feind ist ganz nahe, unser Generalissimus will aber nicht, daß wir angreifen, bon, wir wollen unsere Börsen angreifen – qu'en dites-vous, Monsieur le comte?«

Stanislaus, dem die letzten Worte gegolten hatten, lehnte seine Teilnahme mit den Worten ab: »Sie wissen, Herr General, ich habe kein Glück.«

»Desto besser,« erwiderte dieser, »aber ich weiß schon, Sie gehören zur Tugend unserer neuen Generation, meinethalben, jeder nach seinem Geschmack, aber rücken Sie ein klein wenig auf die Seite, ich bitte, damit wir von Feuer, Licht und Wärme profitieren.«

Sie begannen ihr Spiel, das bald lebhaft und hitzig wurde; die vier Krieger am Feuer rückten näher zusammen, und Valerius fragte leise seinen Freund nach dem Namen des Generals.

»Kennen Sie Uminski nicht?« antwortete der Litauer, welcher die Frage gehört hatte, und ein mildes Lächeln spielte um seine Lippen. »Er ist in Deutschland sonst nicht unbekannt. Als die Revolution ausbrach, saß er auf einer preußischen Festung, ich glaube in Glogau. Einer der eifrigsten Patrioten, hatte er fortwährend Verbindungen angeknüpft, um einen Aufstand vorzubereiten, sie wurden entdeckt, und da er aus dem Posenschen ist, bemächtigte sich die preußische Regierung seiner Person. Von der Festung entsprang er und kam nach Warschau. Als er aus dem Wagen stieg, hörte er die Kanonen der Schlacht von Praga, warf sich sogleich aufs Pferd und kam verhängten Zügels auf dem Schlachtfelde an, übernahm auf der Stelle ein Kommando und stürzte sich in den Feind. Denken Sie sich ihn dort, und betrachten Sie ihn hier, so haben Sie sein Bild. Er ist einer der besten Patrioten, ein vortrefflicher Soldat und – ein Lebemann.«[185]

Diese Worte wurden so leise gesprochen, daß der Gegenstand derselben sie nicht vernommen hätte, auch wenn er weniger eifrig mit dem Spiele gewesen wäre.

»Kasimir,« sagte hierauf Stanislaus, sich zu dem Volhynier wendend, »Sie haben uns Ihre Lebensgeschichte versprochen.«

»Wenn Ihnen ein einfaches kurzes Leben in den volhynischen Wäldern genügt,« erwiderte der Angeredete, »wohl, wir haben nichts Besseres zu tun, und am Ende hat der unbedeutendste Mensch ein Interesse.«

Magyac hatte unterdessen in einem großen Topfe von Blech eine Art Glühwein zustande gebracht. Diesen goß er in die leergewordene Weinflasche; da es an Gläsern fehlte, und nachdem diese einmal die Runde gemacht hatte und wieder unweit des Feuers niedergesetzt war, begann der Volhynier seine Erzählung, indem er sich fast ausschließlich dabei an Valerius wandte. Vielleicht glaubte er bei dem Fremden die meiste Teilnahme zu finden, da diesem Lokalität und Verhältnisse am wenigsten bekannt sein mußten. Und er irrte sich darin nicht.

Quelle:
Heinrich Laube: Das junge Europa, in: Heinrich Laubes gesammelte Werke in fünfzig Bänden, 3 Bände, Band 2, Leipzig 1908, S. 177-186.
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