1. Auftritt

[5] Gäste. Jean. Kellner. Josephine. Eugen. Gröber. Kißling.

Josephine und Eugen sitzen an demselben Tisch auf der linken Seite. Eugen liest die Zeitung. Kißling an einem Tisch rechts. Gröber am Tisch weiter hinten. Gäste ab und zu.


KISSLING. Alfred ist immer noch nicht da? Laut. Kellner, noch ein Pilsener!

KELLNER das leere Glas nehmend und nach hinten gehend. Ein Pilsener!

GRÖBER wütend zu Jean, der an ihm vorübergeht. Sagen Sie mal, bekomme ich nun endlich das Militärwochenblatt, das ich schon seit einer halben Stunde bestellt habe?

JEAN. Euer Gnaden entschuldigen, wird noch gelesen.

GRÖBER. Den Teufel auch! Zu was habt Ihr denn die Zeitungen, wenn sie immer gelesen werden?

JEAN lächelt, verlegen mit den Achseln zuckend.[5]

GRÖBER. Lachen Sie nicht! Ueberhaupt eine ganz liederliche Wirtschaft hier, und der Teufel soll mich holen, wenn ich noch einen Schritt in Eure Bude setze.

JEAN. Aber Euer Gnaden ...

GRÖBER. Reden Sie nicht. Wieviel Kognak habe ich?

JEAN die Karaffe betrachtend. Fünf!

GRÖBER. Das macht?

JEAN. Eins fünfzig.

GRÖBER geld hinwerfend. Geld genug für dieses Gift! – Ziehen Sie mir noch einen ab. Schenkt sich ein Glas voll ein, trinkt schnell aus und steckt das herausgegebene Geld ein.

JEAN. Dank' schön, Euer Gnaden! – Habe die Ehre!

GRÖBER. Gehen Sie zum Henker. Brummend ab.

KISSLING lächelnd zu Jean. Ein recht angenehmer Herr.

JEAN. Ist nicht so schlimm, wie er aussieht. So macht er es schon seit Jahren. Schimpft über alles und schwört jeden Tag, er käme nicht mehr, und den andern Tag sitzt er wieder auf demselben Platz.

KISSLING. Ein komischer Kauz.

JEAN. Gibt aber immer ein nobles Trinkgeld.


Quelle:
Carl Laufs: Pension Schöller. Berlin 11[o.J.], S. 5-6.
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