7. Auftritt

[75] Klapproth. Bernhardy.


BERNHARDY rasch durch die Mitte, freudig erregt. Herr Klapproth, Herr Klapproth!

KLAPPROTH starrt ihn entsetzt an.

BERNHARDY. Sie wundern sich wohl, mich hier zu sehen, aber das kommt einfach daher, daß ich im Garten ein reizendes junges Mädchen sah, und um keinen Umweg machen zu müssen, aus Bequemlichkeit gleich zum Fenster hinaussprang.

KLAPPROTH beiseite. Aus Bequemlichkeit durchs Fenster, während ich hier sitze wie ein berittener Schutzmann! Das sieht ihm ähnlich!

BERNHARDY geht erregt auf und ab. Klapproth benutzt verstohlen die Gelegenheit und rückt den Tisch wieder an seinen Platz, schließt die Tür auf. Herr Klapproth, in meinem ganzen Denken, Fühlen, Sinnen und Trachten ist eine vollständige Revolution vorgegangen.

KLAPPROTH beiseite. Weiter hat dem nichts gefehlt.

BERNHARDY. Herr Klappproth, Sie müssen allein reisen. So leid es mir auch tut, ich glaube kaum, daß ich Sie begleiten werde. Verzeihen Sie mir diese überraschend plötzliche Sinnesänderung.[75]

KLAPPROTH erfreut. Ja, wie kommt denn das, Freundchen?

BERNHARDY. Ahnen Sie es denn nicht, Sie kurzsichtiger Onkel? Verliebt bin ich, verliebt wie noch nie, verliebt zum erstenmal in meinem Leben, verliebt bis um Rasendwerden, verliebt in Ihre Nichte Franziska. Ja, ja, das entzückende Fränzchen, das ist der Magnet, der mich ruhelosen Gesellen mit Allgewalt angezogen und festhält.

KLAPPROTH beiseite. Ha, ein Hoffnungsstrahl!

BERNHARDY. Begreifen Sie es nun, daß alle meine Reisepläne wie Spreu vor dem Winde zerstoben sind? Erregt. Begreifen Sie es?

KLAPPROTH eingeschüchtert. Jawohl, jawohl!

BERNHARDY. Wir reisen also heute nicht.

KLAPPROTH beiseite. Mir fällt ein Stein vom Herzen.

BERNHARDY. Sie nämlich auch nicht, denn Ihre Anwesenheit wird für die nächste Zeit dringend nötig sein, denn wenn das himmlische Fränzchen einwilligt, meine Frau zu werden, so dürfen Sie doch als Onkel bei der Verlobung und der Hochzeit nicht fehlen. Das sehen Sie doch ein?

KLAPPROTH ihn beruhigend. Vollkommen!

BERNHARDY. Sie sind doch ein prächtiger, alter Herr. An mein Herz, Onkelchen! Umarmt ihn.

KLAPPROTH. Au! Sie drücken mir ja die Rippen entzwei![76]

BERNHARDY. Jetzt muß ich aber nach Berlin schreiben, mir meine Sachen kommen lassen, allerhand Aufträge geben, Buketts bestellen usw. Ach, was bin ich glücklich! Ab hinten Mitte.

KLAPPROTH. 's ist die Menschenmöglichkeit! Springt der verrückte Satanskerl aus dem Fenster, und statt wie je andere vernünftige Mensch das Genick zu brechen, verliebt er sich im Handumdrehen in unser Fränzchen. Händereibend. Aber das paßt mir brillant in den Kram, da ist er wenigstens gefügig, und ich habe ihn an der Strippe, bis Schöller kommt. Herrgott, ich muß ja die Depesche besorgen. Ab durch die Mitte.


Quelle:
Carl Laufs: Pension Schöller. Berlin 11[o.J.], S. 75-77.
Lizenz:
Kategorien: