69. Vom Fürwitz.

[294] Es meldet Plutarchus, daß ein Athenienser einem Egyptier auf der Gassen begegnet / der etwas unter dem Mantel verborgen getragen. Da aber der Athenienser den Egyptier gefraget / was er trüge? hat er geantwortet: Deßhalben trage ichs unter dem Mantel verborgen / daß weder du / noch jemand anders erfahre / was es sey. Bey den Cretensern war dieser Gebrauch / daß niemand einen Fremden fragen dorffte /von wannen er käme? wer er wäre? was er wolte? So aber einer darum fragete / ward derselbe mit Ruthen gestrichen / im Gegentheil / so der Gefragte ihm geantwortet / ward ihm Feuer und Wasser verboten. Die Ursache aber / warum die Alten diese Gesetze gegeben / ist / daß die Leute den Fürwitz mit allem Ernst möchten verhüten / und nicht fragten / wie andere Leute lebten / und unterdessen ihr eigen Leben[294] nicht in acht hätten. Plutarchus und der Plinius können den Marcum Portium nicht genug loben / darum / daß er niemals jemand gefraget / was zu Rom neues fürlieffe / oder was dieser oder jener zu Hause machte?


Was dich nicht angehet / da laß deinen Fürwitz / dann solchen Dünckel hat viele betrogen.

Quelle:
Lauremberg, Peter: Neue und vermehrte Acerra philologica, Das ist: Sieben Hundert auserlesene, nützliche, lustige und denckwürdige Historien und Discursen, aus den berühmtesten griechischen und lateinischen Scribenten zusammengetragen [...], Frankfurt am Main, Leipzig, 1717, S. 294-295.
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