1. Die blutigen Hostien.

[879] Zu Sternberg in Mecklenburg / zu Hertzog Magnus Zeiten / Anno Christi 1492. war ein armer / dabey aber heilloser Meß-Pfaffe / Peter Dän genannt. Derselbe versetzte einem Juden / mit Nahmen Eleasar /seiner Concubinen Grapen oder Metallenen Topff. Wie er aber hernach die Concubine etlicher Scheltworte halber von sich gestossen / und sie alle Tage ihren Grapen wieder fiederte / wuste er nicht wo er Mittel hernehmen solte selbigen wieder einzulösen. Der Jude merckt es / gehet zu dem / und verspricht ihm nicht allein den Grapen umsonst wiederzugeben /sondern auch noch eine halben Gülden Müntze drüber / aber mit dem Bedinge / er solle ihm consecrirte Hostien / eine grosse für die Priester / und eine kleine für die Leyen / geben. Des wird der Pfaffe froh / und sagts ihm zu: Consecriret darauf den 10. Julii in der Pfarr-Kirche zu unser lieben Frauen bei der Messe 3. Hostien: Eine öffentlich / die er dem Volcke weiset /die andern heimlich / die er dem Juden hernachmals zustellet. Der Jude giebt die Hostien seiner Frauen zu verwahren biß auf St. Jacob-A. / an welchem er seiner Tochter Hochzeit machte /[879] und viel vornehme Juden dazu gebeten hatte. Nach gehaltener Mahlzeit / da die Braut am Tantze ist / verfüget sich Eleazar mit etlichen seinen Gästen in ein sonderlich Gemach / und vermeldet ihnen sein Vorhaben / mit Nadeln oder Pfriemen ihren Feind (zeigend auf die Hostien) zu erstechen. Thut auch den ersten Stich auf beyde Hostien / darauf Rosinfarbenes Blut soll erfolget seyn / also daß es nicht allein das dreyfächtige Tuch / darinnen sie verwickelt / durchnetzet / sondern auch den Tisch gefärbet. Die andern thun / auf sein Anmahnen / dergleichen / wiewol nicht ohne Furcht und Schrecken /worauf gleichfalls Blut erfolget. Die grosse Hostie aber ist vom letzten Stich über sich gesprungen / und so schrecklich anzusehen gewest / als dräuete sie ihnen alle die Rache. Worüber sie sich denn auch dermassen entsetzet / daß sie davon gelauffen und Eleazarn allein gelassen / der die Hostien seiner Frauen mit dem blutigen Tüchlein wieder zugeworffen / und befohlen / dem Pfaffen seinen Gott wieder zu geben. Welches auch geschehen. Der Pfaffe aber geräth darüber in grosse Hertzens-Angst / und ob er zwar die Hostien vergräbet / so muß er es doch endlich selbst offenbahren. Weßwegen er denn / so wol als die Jüden / welche ertappet worden / die verdiente Straffe bekommen / und verbrannt worden. Hederici Schwerinische Chronick.


Hieraus ist zu sehen / die Gottlosigkeit der Pfaffen im Pabsthum / die verstockte Halßstarrigkeit der Juden / die Unruhe dessen Gewissens / GOttes Langmuth / und gerechte Rache.

Quelle:
Lauremberg, Peter: Neue und vermehrte Acerra philologica, Das ist: Sieben Hundert auserlesene, nützliche, lustige und denckwürdige Historien und Discursen, aus den berühmtesten griechischen und lateinischen Scribenten zusammengetragen [...], Frankfurt am Main, Leipzig, 1717, S. 879-880.
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