76. [966] Iphigenia.

Diese ist gewesen eine Tochter Agamemnonis des Mycenischen Königs / welcher im Trojanischen Kriege der Griechen General gewesen ist. Es begab sich /als der Griechen Schiff-Armade bey der Insul Aulide stund / daß Agamemnon ungefehr einen der Dianæ geheiligten Hirsch im Jagen erschoß. Und welcher That willen nicht allein groß Ungewitter entstund /sondern auch eine schädliche Pest unter das Volck kam. Als sie nun die Götter um Rath fragten / hat Calchas ein Wahrsager geantwortet / daß die Diana mit des Agamemnonis Blut müste versöhnet werden. Darauf ist Ulysses nach Mycena geschicket / welcher die Iphigeniam unter dem Schein einer Hochzeit von ihrer Mutter Clitemnestra entführete. Wie sie nun beym Altar stund / und jetzo der Dianæ solte geschlachtet werden / ist sie aus Erbarmung der Göttin entzücket / und eine Hinde an ihrer statt dargestellet worden / die Jungfrau selbst aber ist in Chersonesum zum Könige Theante gebracht / und gesetzet worden über das Priesterthum Dianæ Tauriæ, welcher Menschen aufgeopffert wurden.[966] Als an diesen Ort kam Orestes, der Iphigeniæ Bruder / haben sie beyde zusammen gerathschlaget / den König getödtet / und sind nach Ariciam in Italien entflohen.

Quelle:
Lauremberg, Peter: Neue und vermehrte Acerra philologica, Das ist: Sieben Hundert auserlesene, nützliche, lustige und denckwürdige Historien und Discursen, aus den berühmtesten griechischen und lateinischen Scribenten zusammengetragen [...], Frankfurt am Main, Leipzig, 1717, S. 966-967.
Lizenz:
Kategorien: