89. [979] Crœsi Macht und Vornehmen Cyrum zu bekriegen.

Crœsus ist gewesen ein König in Lydia, ein Sohn Haliartis und Schwager Astyagis, seine erste Verrichtung ist gegen die Epheser gewesen / welche / als sie sich zu schwach befunden / Crœso Widerstand zu leisten / die Stadt-Mauer mit einem langen Seil an ihrem Tempel heffteten: Welcher Aberglaube sie doch nichts helffen mochte / sintemahl bey nahe gantz klein Asia Crœso unterworffen ward. Hierdurch ist dieser König so reich und mächtig worden / daß auch von ihm das Sprichwort genommen ist: Crœso ditior, und Crœsi divitiæ, welches von sehr reichen Leuten / und grossem Reichthum gebraucht wird. Es ist aber diese des Crœsi Glückseligkeit durch den Tod seines Sohnes Atys, welcher von dem Hoffmeister Adrasto unversehens auf der Jagt erschossen ward / etlicher[979] massen verstöret worden. Herodouts L. 1. meldet / daß er mit seiner Schwester Mann Astyage gekrieget und ihn überwunden habe. Das ist gewiß / daß er sich verlassende auf seine Macht / mit Cyro gekrieget hat. Doch schickte er vorher zu dem Abgott Apollini um Rath /welcher antwortete: Crœsus, überschreitende den Fluß Halyn, wird ein groß Reich umkehren. Cedrenus meldet / die Gesandten haben ihre Kleider verändert / und verheelet / woher sie kommen waren: Da habe sie der Abgott erstlich bestrafft mit diesen Worten:


Die Maas des Meers / wie auch sein Hand /

Auch menschlich Sinn ist mir bekaunt:

Doch will Crœsus betrügen mich:

Die Loder auch verbergen sich.


Crœsus durch seine Macht verblendet / verstund das Oraculum unrecht / meynende / er würde das Persische / und nicht sein eigen Reich umkehren: Darum verwarff er auch den heylsamen Rath Sandanis, der ihm diesen Krieg aus billichen Ursachen mißrieth. Da er doch hätte vielmehr in acht nehmen sollen ein ander Oraculum, dessen Cicero und Xenophon gedencken / also lautend:


Crœse, du wirst seyn glückselig /

Wann du nur erkennest dich.


Die Ursach / um welcher willen Crœsus Cyrum bekrieget hat / ist gewesen / entweder weil ihm die täglich zunehmende Macht Cyri verdächtig war / oder daß er seinen Schwager Astyagem (dem Cyrus das Reich genommen hatte) rächete / wie Herodotus will /oder aber / daß er den Chaldæern und Assyrern, als seinen Bundsgenossen (welche Cyrus bekriegte) hülffe / wie Xenophon dafür hält.

Quelle:
Lauremberg, Peter: Neue und vermehrte Acerra philologica, Das ist: Sieben Hundert auserlesene, nützliche, lustige und denckwürdige Historien und Discursen, aus den berühmtesten griechischen und lateinischen Scribenten zusammengetragen [...], Frankfurt am Main, Leipzig, 1717, S. 979-980.
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