91. Regierung und Todt [981] Amasis.

Der jetzt besagte Amasis hat / nach Zeugniß Diodori, sehr löblich regieret / und ist so mächtig worden / daß er neben der Insul Cypern / welche er mit dem Schwerdt gewonnen / über 20000. Städte besessen hat. Er hat aus einem einigen gantzen Stein ein[981] Königlich Hauß bauen / und aus den Stein-Gruben biß zum Tempel Minervæ durch 12000. Menschen / die 3. Jahr lang daran gearbeitet haben / bringen lassen. Er hat auch verschiedene nützliche Gesetze gemacht. Dann den Obrigkeiten in seinem gantzen Reich befahl er / daß sie alle Jahr von einem jeden Unterthanen solten Rechenschafft des Lebens und der Nahrung fordern / damit diejenige / welche sich mit bösen Künsten ernehrten / gestrafft / welche aber mit guten / beschenckt würden. Welches Gesetz nachmals Solon von ihnen entlehnet und nach Athen gebracht hatte. Er eignete auch den gantzen Tag / von der Morgenröthe biß zum Abend / der Arbeit zu / und erquickte sich darnach unter den Gästen mit Speise und Schertz /wie Münsterus schreibet. Strabo vermeldet / daß er ein guter Zechbruder gewesen sey. Er hatte Freundschafft mit Policrate dem Könige der Insul Samus, von dessen Glückseligkeit anderswo mehr erzehlet ist; als aber Policrates die Egyptische und andere Gäste in seinem Lande übel hielte / und auf Vermahnung Amasis von seiner Unbillichkeit nicht abstehen wolte / hat ihm derselbe / weil ihm des Policratis gröstes Glück ohne dem verdächtlich war / die Freundschafft aufgesagt. Nachdem nun Amasis 55. Jahr glücklich regiert hatte / ist er gestorben / eben um die Zeit / als Cambyses der Perser König sich gegen Egypten gerüstet hatte / und Amasin, um daß er seines Vorfahren Apryis Tochter für die seine dem Cambysi zum Weibe geschickt hatte / bekriegen wolte. Etliche wollen / daß eine der Pyramidum Amasis Grab gewesen sey / und daß er / des Cambysis Grausamkeit zu entfliehen / in den Mund oder fördersten Eingang des Grabes einen todten Knecht habe legen lassen:[982] Welches ihm doch nicht hat helffen mögen / dann als Cambyses Egyptenland überwunden hatte / hat er des Amasis todten Cörper aus dem Grabe ziehen / denselben / gleich als ob er noch lebete / mit Ruthen streichen / mit spitzigen Eisen zerstechen / und endlich auf öffentlichem Marckt schändlich verbrennen lassen. Herodotus im 3. Buch schreibt / daß die Egypter selbst aus Haß gegen Amasin den Cambysen zum Kriege angereitzet haben. Andere erzehlen / daß es von einem Egyptischen Augen-Artzt geschehen sey /welchen Amasis auf Begehren Cyri allein unter allen Egyptischen Aertzten von seinem Weib und Kindern abgezogen / und in Persien geschickt hatte: Welches denselben sehr verdrossen / und derhalben Cambysi gerathen hat / daß er die Tochter von Amasi begehren solte / damit derselbe entweder in Bekümmerniß geriethe / wann er Cambysi seine Tochter gebe / oder aber / wenn er sie ihm versagte / Cambysi verhaßt gemacht würde.


Tyrannen verschonen auch der Todten nicht / ihre Nachgierigkeit zu erfüllen.

Quelle:
Lauremberg, Peter: Neue und vermehrte Acerra philologica, Das ist: Sieben Hundert auserlesene, nützliche, lustige und denckwürdige Historien und Discursen, aus den berühmtesten griechischen und lateinischen Scribenten zusammengetragen [...], Frankfurt am Main, Leipzig, 1717, S. 981-983.
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