XIII

[50] Der Bär war wohl zu klug, um nicht einzusehen, was für eine nützliche Waffe der Balken für ihn war; oder war es nur der Schmerz in der vom Strick umschlungenen Tatze? – jedenfalls brüllte er auf und zog den Strick noch fester an, so daß der Balken in der gleichen horizontalen Ebene mit seiner Tatze zu liegen kam und wie ein riesenhafter Kreisel zu surren begann. Er mußte alles, was ihm in den Weg trat, niederschlagen und zermalmen. Wenn aber der gespannte Strick an einer Stelle nicht genügend stark wäre und zerrisse, so würde der Balken durch die Zentrifugalkraft weit hinaus geschleudert werden. Gott[50] allein weiß, wie weit er fliegen und was er alles unterwegs zermalmen würde.

Wir alle – Menschen, Pferde und Hunde, die im Kreise herumstanden, schwebten in größter Gefahr, und ein jeder wünschte schon aus Selbsterhaltungstrieb, daß der Strick, an dem Sganarell seine Riesenschleuder schwang, nicht reiße. Womit sollte aber das alles enden? Niemand, außer einigen Jägern und den beiden Schützen, die im Hinterhalte am Waldesrande saßen, hatte Lust, das Ende abzuwarten. Das ganze übrige Publikum aber, die Gäste und die Verwandten des Onkels, die dieser Veranstaltung als Zuschauer beiwohnten, fanden an der Sache gar kein Vergnügen mehr. Alle gaben ihren Kutschern den Befehl, möglichst schnell die gefährliche Stelle zu verlassen, und die Schlitten sausten, einander überrennend und überholend, dem Hause zu.

Bei dieser lächerlichen und unordentlichen Flucht gab es einige Zusammenstöße und Stürze, einiges zum Lachen und sehr viel Schrecken. Die aus den Schlitten Herausgefallenen glaubten, daß der Balken sich schon vom Strick losgerissen habe und über ihre Köpfe surre, während das wütende Tier ihnen nachsetze.

Die Gäste, die das Haus erreichten, konnten sich bald beruhigen; diejenigen aber, die zurückblieben, sahen etwas noch weit Schrecklicheres.

Quelle:
Ljesskow, Nikolai: Eine Teufelsaustreibung und andere Geschichten. München 1921, S. 50-51.
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