Gleim, Siegeslied der Preußen nach der Schlacht bei Lissa

[13] [Johann Wilhelm Ludwig Gleim:] Siegeslied der Preußen, nach der Schlacht bei Lissa, den 5. Dezembr. 1757, Berlin 1758, in Quarto auf 3 Bogen. Hier ist es, wo wir unseren neuen Barden, den liederreichen Grenadier, erwartet haben. Wir zweifelten in der Tat, ob es ihm möglich sein würde, seine Laute in einem noch höheren Tone zu stimmen, und seine vorigen Triumphlieder eben so weit zu übertreffen, als dieser letzte Sieg unsers glorreichen Königs alle vorher erfochtene übertroffen. Doch er hat unsern Zweifel beschämt, und wir wollen in Zukunft seiner Muse nie weniger zutrauen, als den Waffen des Heeres, unter welchem, auch nur ein gemeiner Soldat zu sein, keine geringe Ehre ist. Gleich Anfangs redet er seinen Gesang an, und schreibet ihm alle die Würde und Erhabenheit vor, in welcher er erschallen müsse. Hierauf führt er Gott redend ein, und man urteile ob jemals ein Dichter Gott würdiger hat reden lassen.


Ein Starker, ein Allmächtiger

Gewann für ihn die Schlacht.

Als Rächer will ich, sprach der Herr,

Zertreten ihre Macht.[13]


Mein Donner soll auf ihren Kopf

Hart treffen; fressend Schwerd

Soll ihn zerspalten, daß der Zopf

Des Haars zurücke fährt.


Vernichten will ich ihren Bund:

Würgengel steig herauf!

Nimm, Hölle, nimm in deinen Schlund

Die Scharen Toten auf!


Warum verschmähn, in stolzer Pracht,

Der Erde Fürsten mich?

Verlassen sich auf ihre Macht,

Stehn wider Friederich?


Sind seiner großen Seele feind,

Die ich in ihn gelegt?

Und machen, daß der Menschenfreund

Gezwungen Waffen trägt?


So trag er meine Rache dann

Und strafe sie! – So sprach

Der Herr; sein Himmel hört es an,

Sein Donner sprach es nach.


Hierauf folgt eine nähere Beschreibung der Schlacht, und die historischen Umstände, die er mit einstreuet, sind der strengsten Wahrheit gemäß. Auch hierin betritt der Grenadier den Weg der alten Skalden, die es für zuträglicher hielten, daß die Nachwelt einst ihre Lieder mehr wie glaubwürdige Chroniken, als wie schöne Erdichtungen sänge. Wir wollen uns aber jetzt in keine weitläuftigere Anpreisung einlassen, sondern nur noch melden, daß auch das allererste von seinen Siegesliedern, »Auf den Sieg bei Lowesitz«, mit zugleich im Druck erschienen ist. Es erscheint ein wenig spät, aber doch nicht so spät, daß es interessant zu sein, aufgehört habe. Die Anordnung, die der König zur Schlacht macht, wird unter andern vortrefflich beschrieben.


Dort spricht er, stehe Reuterei!

Hier Fußvolk! – Alles steht!

– – – –[14]

So stand, als Gott der Herr erschuf,

Das Heer der Sterne da!

Gehorsam stand es seinem Ruf

In großer Ordnung da.


Beide Lieder sind in den Vossischen Buchhandlungen, hier und in Potsdam, das erste für 3 Gr. und das andre für 2 Gr. zu haben.[15]

Quelle:
Gotthold Ephraim Lessing: Werke. Band 5, München 1970 ff., S. 13-16.
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