Klopstock, Drei Gebete

[156] [Friedrich Gottlieb Klopstock:] Drei Gebete eines Freigeistes, eines Christen und eines guten Königs. Hamburg, zu bekommen in Joh. Carl Bohns Buchhandlung, 1753. in groß 4t. auf 1 Bogen. Wann Worte und Redensarten, wobei gewisse große Geister vielleicht etwas gedacht haben, wiederholen, denken heißt: wann kurze und nicht zusammenhangende Perioden das einzige sind, worinne der lakonische Nachdruck bestehet; wann in der bunten Reihe häufiger? deklamatorischer! und geheimnisvoller – – – – das Erhabene steckt; wann verwegene Wendungen Feuer, und undeutsche Wortfügungen Tiefsinnigkeit verraten; kurz wann unserer Witzlinge neueste Art zu denken und sich auszudrücken die beste ist: so wird man hoffentlich wider angezeigten Bogen nichts zu erinnern haben; es müßte denn die Kleinigkeit sein, daß der Verfasser vielleicht nicht gewußt hat, was beten heißet. Zuerst läßt er den Freigeist beten. Dieses Gebet schließt sich: »O könnte ich mich aufmachen, und eilen und mit diesen Tränen der Vernichtung flehen: Erbarme dich über mich! Denn verflucht sei der Mann, der mich gezeugt, und das Weib, die mich geboren hat!« Heißt denn das auch beten, müssen wir fragen, verzweifelnde Gesinnungen gegen ein Wesen ausschütten, das man nicht kennet? Das folgende Gebet des Christen, welches der vorige nach einigen Jahren sein soll, würde dem Unsinne eines Inspirierten viel Ehre machen Das erhabenste Gebet, welches uns Christus selbst hinterlassen hat, ist zugleich das einfältigste, und nach diesem Muster ist es wenigstens nicht gemacht. Das Gebet endlich eines guten Königs, ist so schön, daß man darauf wetten sollte, es habe es kein König gemacht. Ein orientalischer Salomon hat dagegen sehr kriechend gebet. Kostet in den Vossischen Buchläden 1 Gr.

Quelle:
Gotthold Ephraim Lessing: Werke. Band 3, München 1970 ff., S. 156-157,159.
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