Nicolai, Milton

[193] [Friedrich Nicolai:] Untersuchung ob Milton sein verlornes Paradies aus neuern lateinischen Schriftstellern ausgeschrieben hat. Nebst einigen Anmerkungen über eine Rezension des Lauderischen Buchs von Miltons Nachahmung der neuern Schriftsteller. Frankf. und Leipzig 1753. in 8 vo 6 Bogen. Wer in der neuern englichen Literatur nur nicht gar ein Fremdling ist, dem wird ein[193] gewisser Lauder bekannt sein, welcher durch eine der niederträchtigsten Verleumdungen den Namen des großen Miltons zu Schanden machen wollte. Er stellte ihn als einen gelehrten Dieb zu Schau, der seine prächtigsten Gedanken aus andern mit mehr Mühe zusammen gestoppelt habe, als man, sie selbst zu erfinden, nötig hat. Niemand kützelte sich so leicht mehr über diese vorgegebene Entdeckung, als ein gewisser deutscher Kunstrichter, welcher den Tempel des Geschmacks nur mit seinen Schülern füllen will. Er kramte sie bald darauf in dem neuesten aus der anmutigen Gelehrsamkeit aus, ohne sich daran zu kehren, daß man in England die Betriegereien des miltonschen Momus schon entdeckt habe; so daß er es zweifelhaft machte, ob er oder Lauder weniger rechtschaffen gehandelt habe. Alles dieses wird ihm in dieser Untersuchung unwidersprechlich vor Augen gelegt; und wann er nicht er wäre, so könnte es leicht eintreffen, daß er sich, um den Einfall eines andern zu brauchen, mehr darüber schämte, als ein Quartaner, welcher ut mit dem Indicativo konstruiert hat. Kostet in den Vossischen Buchläden und in Potsdam 3 Gr.

Quelle:
Gotthold Ephraim Lessing: Werke. Band 3, München 1970 ff., S. 193-194.
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