Smollet, Roderich Random. Erster Teil

[226] [Tobias Smollet:] Begebenheiten des Roderich Random. Aus der dritten Englischen Ausgabe übersetzt. Erster Teil. Hamburg bei Chr. Wilh. Brandt 1755. Es wäre zu viel Nachsicht, wenn man das Vorurteil, welches die englischen Romane für sich haben, auch diesen Begebenheiten wollte zu gute kommen lassen. Ihr Verfasser ist weder ein Richardson noch ein Fielding; er ist ein Schriftsteller, wie man sie bei den Deutschen[226] und Franzosen in der Menge antrifft. Er gesteht, daß er sich besonders den Herrn le Sage zum Muster gewählt habe, dessen Gil Blas wohl ein Meisterstück des komischen Romans bleiben wird. Aber wie weit ist er unter ihm geblieben! Es müßte sehr wunderbar zugehen, wenn deutsche Leser von Geschmack an den Schulstreichen, an den Bordellhistörchen, an den Balgereien und an den Schiffsabenteuern, eben so viel Wohlgefallen finden sollten, als der englische Pöbel daran muß gefunden haben, der bereits drei Ausgaben davon unter sich geteilet hat. Am Ende dieses Teils findet man den Held in sehr mißlichen Umständen, so daß er den verzweifelten Entschluß faßt, zu sterben. Man darf sich aber nicht bange sein lassen, weil er noch den zweiten Teil geschrieben hat, den man hoffentlich wohl auch bald deutsch zu lesen bekommen wird. Die Übersetzung scheinet ein wenig in Eil gemacht zu sein. Kostet in den Vossischen Buchläden hier und in Potsdam 10 Gr.

Quelle:
Gotthold Ephraim Lessing: Werke. Band 3, München 1970 ff., S. 226-227.
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