Neunter Auftritt


[536] Theophan. Der Wechsler.


DER WECHSLER. Sie werden verzeihen, mein Herr. Ich möchte nur ein Wort mit dem Herrn Adrast sprechen.

THEOPHAN. Eben jetzt ist er ausgegangen. Wollen Sie mir es auftragen? – –

DER WECHSLER. Wenn ich so frei sein darf. – – Er hat eine Summe Geldes bei mir aufnehmen wollen, die ich ihm auch Anfangs versprach. Ich habe aber nunmehr Bedenklichkeiten gefunden, und ich komme, es ihm wieder abzusagen: das ist es alles.

THEOPHAN. Bedenklichkeiten, mein Herr? Was für Bedenklichkeiten? doch wohl keine von Seiten des Adrast?

DER WECHSLER. Warum nicht?

THEOPHAN. Ist er kein Mann von Kredit?[536]

DER WECHSLER. Kredit, mein Herr, Sie werden wissen, was das ist. Man kann heute Kredit haben, ohne gewiß zu sein, daß man ihn morgen haben wird. Ich habe seine jetzigen Umstände erfahren. –

THEOPHAN bei Seite. Ich muß mein möglichstes tun, daß diese nicht auskommen. – – Sie müssen die falschen erfahren haben. – – Kennen Sie mich, mein Herr? –

DER WECHSLER. Von Person nicht; vielleicht, wann ich Ihren Namen hören sollte. – –

THEOPHAN. Theophan.

DER WECHSLER. Ein Name, von dem ich allezeit das Beste gehört habe.

THEOPHAN. Wenn Sie dem Herrn Adrast die verlangte Summe nicht auf seine Unterschrift geben wollen, wollen Sie es wohl auf die meinige tun?

DER WECHSLER. Mit Vergnügen.

THEOPHAN. Haben Sie also die Güte, mich auf meine Stube zu begleiten. Ich will Ihnen die nötigen Versicherungen ausstellen; wobei es bloß darauf ankommen wird, diese Bürgschaft vor dem Adrast selbst geheim zu halten.

DER WECHSLER. Vor ihm selbst?

THEOPHAN. Allerdings; um ihm den Verdruß über Ihr Mißtrauen zu ersparen. – –

DER WECHSLER. Sie müssen ein großmütiger Freund sein.

THEOPHAN. Lassen Sie uns nicht länger verziehen. Gehen ab.


Ende des vierten Aufzuges.[537]


Quelle:
Gotthold Ephraim Lessing: Werke. Band 1, München 1970 ff., S. 536-538.
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