Fünfter Auftritt


[321] Lisette. Damis. Anton.


LISETTE. Allerdings ist sie noch drinne –

ANTON. O das Rabenaas!

DAMIS. So lange hat Sie sich hier versteckt gehalten? Arme Lisette! das war mein Wille gar nicht. So bald mein Vater aus der Stube gewesen wäre, hätte Sie immer wieder heraus gehen können.

LISETTE. Ich wußte doch nicht, ob ich recht täte. Ich wollte[321] also lieber warten, bis mich der, der mich versteckt hatte, selbst wieder hervorkommen hieß – –

ANTON. Zum Henker, von was für einem Verstecken reden die? Sachte zu Lisetten. So, du feines Tierchen? hat dich mein Herr selbst schon einmal versteckt? Nun weiß ich doch, wie ich die gestrige Ohrfeige auslegen soll. Du Falsche!

LISETTE. Schweig; sage nicht ein Wort, daß ich zuvor bei dir gewesen bin, oder – du weißt schon – –

DAMIS. Was schwatzt ihr denn beide da zusammen? Darf ich es nicht hören?

LISETTE. Es war nichts; ich sagte ihm bloß, er solle herunter gehen, daß wenn meine Jungfer nach mir fragte, er unterdessen sagen könnte, ich sei ausgegangen. Juliane ist mißtrauisch; sie suchte mich doch wohl hier, wenn sie mich brauchte.

DAMIS. Das ist vernünftig. Gleich, Anton, geh!

ANTON. Das verlangst du im Ernste, Lisette?

LISETTE. Freilich; fort, laß uns allein.

DAMIS. Wirst du bald gehen?

ANTON. Bedenken Sie doch selbst, Herr Damis; wann Sie nun ihr Geplaudre werden überdrüssig sein, und das wird gar bald geschehen, wer soll sie Ihnen denn aus der Stube jagen helfen, wenn ich nicht dabei bin?

LISETTE. Warte, ich will dein Lästermaul – –

DAMIS. Laß dich unbekümmert! Wann sie mir beschwerlich fällt, wird sie schon selbst so vernünftig sein, und gehen.

ANTON. Aber betrachten Sie nur: ein Weibsbild in Ihrer Studierstube! Was wird Ihr Gott sagen? Er kann ja das Ungeziefer nicht leiden.

LISETTE. Endlich werde ich dich wohl zur Stube hinaus schmeißen müssen?

ANTON. Das wäre mir gelegen. – – Die verdammten Mädel! auch bei dem Teufel können sie sich einschmeicheln. Geht ab.[322]


Quelle:
Gotthold Ephraim Lessing: Werke. Band 1, München 1970 ff., S. 321-323.
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