Vierter Auftritt


[224] Daja eilig herbei. Nathan.


DAJA.

O Nathan, Nathan!

NATHAN.

Nun?

Was gibts?

DAJA.

Er läßt sich wieder sehn! Er läßt

Sich wieder sehn!

NATHAN.

Wer, Daja? wer?

DAJA.

Er! er!

NATHAN.

Er? Er? – Wann läßt sich der nicht sehn! – Ja so,

Nur euer Er heißt er. – Das sollt' er nicht!

Und wenn er auch ein Engel wäre, nicht!

DAJA.

Er wandelt untern Palmen wieder auf

Und ab; und bricht von Zeit zu Zeit sich Datteln.

NATHAN.

Sie essend? – und als Tempelherr?

DAJA.

Was quält

Ihr mich? – Ihr gierig Aug' erriet ihn hinter

Den dicht verschränkten Palmen schon; und folgt

Ihm unverrückt. Sie läßt Euch bitten, – Euch

Beschwören, – ungesäumt ihn anzugehn.

O eilt! Sie wird Euch aus dem Fenster winken,

Ob er hinauf geht oder weiter ab

Sich schlägt. O eilt!

NATHAN.

So wie ich vom Kamele

Gestiegen? – Schickt sich das? – Geh, eile du

Ihm zu; und meld' ihm meine Wiederkunft.

Gib Acht, der Biedermann hat nur mein Haus

In meinem Absein nicht betreten wollen;

Und kömmt nicht ungern, wenn der Vater selbst

Ihn laden läßt. Geh, sag', ich laß' ihn bitten,

Ihn herzlich bitten ...

DAJA.

All umsonst! Er kömmt

Euch nicht. – Denn kurz; er kömmt zu keinem Juden.

NATHAN.

So geh, geh wenigstens ihn anzuhalten;

Ihn wenigstens mit deinen Augen zu

Begleiten. – Geh, ich komme gleich dir nach.


Nathan eilet hinein, und Daja heraus.[224]


Quelle:
Gotthold Ephraim Lessing: Werke. Band 2, München 1970 ff., S. 224-225.
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