[319] Daja und Nathan.
DAJA eilig und verlegen.
Denkt doch, Nathan!
NATHAN.
Nun?
DAJA.
Das arme Kind erschrak wohl recht darüber!
Da schickt ...
NATHAN.
Der Patriarch?
DAJA.
Des Sultans Schwester,
Prinzessin Sittah ...
NATHAN.
Nicht der Patriarch?
DAJA.
Nein, Sittah! – Hört Ihr nicht? – Prinzessin Sittah
Schickt her, und läßt sie zu sich holen.
NATHAN.
Wen?
Läßt Recha holen? – Sittah läßt sie holen? –
Nun; wenn sie Sittah holen läßt, und nicht
Der Patriarch ...
DAJA.
Wie kommt Ihr denn auf den?
NATHAN.
So hast du kürzlich nichts von ihm gehört?
Gewiß nicht? Auch ihm nichts gesteckt?
DAJA.
Ich? ihm?
NATHAN.
Wo sind die Boten?
DAJA.
Vorn.
NATHAN.
Ich will sie doch
Aus Vorsicht selber sprechen. Komm! – Wenn nur
Vom Patriarchen nichts dahinter steckt.
Ab.[319]
DAJA.
Und ich – ich fürchte ganz was anders noch.
Was gilts? die einzige vermeinte Tochter
So eines reichen Juden wär' auch wohl
Für einen Muselmann nicht übel? – Hui,
Der Tempelherr ist drum. Ist drum: wenn ich
Den zweiten Schritt nicht auch noch wage; nicht
Auch ihr noch selbst entdecke, wer sie ist! –
Getrost! Laß mich den ersten Augenblick,
Den ich allein sie habe, dazu brauchen!
Und der wird sein – vielleicht nun eben, wenn
Ich sie begleite. So ein erster Wink
Kann unterwegens wenigstens nicht schaden.
Ja, ja! Nur zu! Itzt oder nie! Nur zu!
Ihm nach.[320]
|
Ausgewählte Ausgaben von
Nathan der Weise
|
Buchempfehlung
»Wenn die Regeln des Umgangs nicht bloß Vorschriften einer konventionellen Höflichkeit oder gar einer gefährlichen Politik sein sollen, so müssen sie auf die Lehren von den Pflichten gegründet sein, die wir allen Arten von Menschen schuldig sind, und wiederum von ihnen fordern können. – Das heißt: Ein System, dessen Grundpfeiler Moral und Weltklugheit sind, muss dabei zum Grunde liegen.« Adolph Freiherr von Knigge
276 Seiten, 9.80 Euro
Buchempfehlung
Biedermeier - das klingt in heutigen Ohren nach langweiligem Spießertum, nach geschmacklosen rosa Teetässchen in Wohnzimmern, die aussehen wie Puppenstuben und in denen es irgendwie nach »Omma« riecht. Zu Recht. Aber nicht nur. Biedermeier ist auch die Zeit einer zarten Literatur der Flucht ins Idyll, des Rückzuges ins private Glück und der Tugenden. Die Menschen im Europa nach Napoleon hatten die Nase voll von großen neuen Ideen, das aufstrebende Bürgertum forderte und entwickelte eine eigene Kunst und Kultur für sich, die unabhängig von feudaler Großmannssucht bestehen sollte. Michael Holzinger hat für den zweiten Band sieben weitere Meistererzählungen ausgewählt.
432 Seiten, 19.80 Euro